: Chefs denken kurzfristig
Studie der Unternehmensberatung PWC: In Firmen regiert kurzfristiges Sparen statt nachhaltigen Wachstums. Dabei ist selbst das Sparen nur ein scheinbares
HAMBURG taz ■ Viele Vorstände wirtschaften kurzsichtig, aus Angst vor ihren Aktionären. Lieber sparen sie flink Kosten ein, als heute die Zukunft zu planen. Spätestens im nächsten Aufschwung fehlt es dann an ausreichenden Kapazitäten und an qualifiziertem Personal. Diese Kritik an den kurzfristigen Sparkonzepten vieler Konzerne kommt nicht etwa von einem Gewerkschaftskongress, sondern vom prominenten multinationalen Beratungsunternehmen Pricewaterhouse Coopers (PwC).
PwC befragte 600 Manager aus zehn Ländern, vor allem Finanzvorstände, darunter 50 deutsche. Zwei Drittel der untersuchten Unternehmen senken kurzfristig die Kosten. Damit wollen sie ihre Aktionäre beschwichtigen, obwohl dies dem Unternehmen mittelfristig schadet. Kostensenkungsprogramme sind vor allem ein Mittel, um „Analysten und Aktionäre kurzfristig zu beeindrucken“, kritisiert Pricewaterhouse Coopers.
Der Sparkurs wird von den Vorständen sogar oft wider besseres Wissen gefahren. So meinten 88 Prozent aller befragten Finanzmanager aus den Branchen Konsumgüter, Handel, Industrie, Informationstechnologie und Telekommunikation, Finanzdienstleistungen, Automobil und Luftfahrt, dass auch in wirtschaftlich schwächeren Phasen langfristig zur Steigerung des Firmenwertes investiert werden müsse. Im Prinzip – denn trotzdem haben zwei Drittel der Konzerne bereits Investitionen in Forschung und Entwicklung zurückgestellt oder gar gestrichen.
Die meisten Bosse räumen ein, durch kurzfristige Sparmaßnahmen falsche Prioritäten zu setzen: „Kürzungen werden in Bereichen durchgeführt, wo am schnellsten messbare Resultate sichtbar werden, und nicht dort, wo es langfristig am sinnvollsten wäre“, lautet das Fazit der PwC-Studie „Strange days – Are businesses equipped to catch opportunity in an unpredictable world?“. Deutsche Manager schneiden hier etwas besser ab.
Dabei lohnen sich die kurzsichtigen Strategien der Konzerne nicht einmal kostenmäßig. Bereits nach zwei bis drei Jahren hat sich in der Regel ein großer Teil des eingesparten Kostenblocks wieder aufgebaut. „Kosten allein sind nicht die Wurzel allen Übels“, stellt Andreas Borcherding, Risikomanager von Pricewaterhouse Coopers, fest. „Doch viele Unternehmen schaffen es nicht, zwischen positiven und negativen Kosten zu unterscheiden.“ Positive Kosten brächten langfristig nämlich ordentlichen „Mehrwert“. Vielen Vorständen ist dies egal. Stattdessen werden Entscheidungen oftmals zugunsten kurzfristiger Interessen gefällt und der langfristige Unternehmenserfolg aus dem Auge verloren. So halten 80 Prozent der deutschen Finanzchefs es für besser, nicht rentable Betriebsteile zu schließen, statt sie wieder in die Gewinnzone zu führen. HERMANNUS PFEIFFER
Studie unter www.pwc.de
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