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Tote Hose unterm Korb

Die Basketballer der Tigers wissen im Moment nicht, wie es weitergeht: Bundesliga oder Regionalliga. Drei Wochen Galgenfrist bleiben für die Erstliga-Lizenz. Der Trainer hat schon mal Arbeitslosengeld beantragt, die Spieler warten auf ihr Gehalt

Absichtserklärungen aus Hamburg billigt der Basketball-Bund nun nicht mehr

von MIKE LIEM

Diese Tage schlüpft Pat Elzie mal wieder in die Rolle des Kaufmanns. Von einer „ganz neuen Palette“ spricht er, von „einer guten Investition, so günstig wie nie“. Dem hauptberuflichen Basketballtrainer der Tigers sollte Verkaufen eigentlich liegen, immerhin arbeitete er einst als Broker an der Wall Street. Doch dieses eine Produkt ist wahrhaft schwer an den Mann zu bringen: die BC Hamburg Tigers. Die Tigers sind pleite in die erste Liga aufgestiegen und haben ihren spendablen, aber glücklosen Mäzen Jens Holtkötter gestürzt.

So fix lassen sich allerdings die langen Schatten der Ära Holtkötter nicht vertreiben: Rund drei Monate vor der neuen Saison steht man immer noch ohne Hauptsponsor da, im Saisonetat klafft ein Loch von mindestens 700.000 Euro. Ein altes Lied: Seit rund drei Jahren suchen die Tigers vergebens einen Hauptgeldgeber. Die Konsequenz der notorischen Misswirtschaft: Der Lizenzausschuss der Basketball-Bundesliga (BBL) lehnte den Lizenzantrag der Tigers wegen fehlender Wirtschaftlichkeit in erster Instanz ab. „Das war klar“, räumt Elzie (42) ein, „wir hatten nichts vorzuweisen.“ Leere Absichtserklärungen aus Hamburg billigt die BBL nicht mehr, sie will die Unterschrift eines Hauptsponsors unter einem Vertrag sehen.

Doch die lässt weiter auf sich warten, nur ein Co-Sponsor hat bisher zugesagt. Bleibt der unrühmliche Weg des Einspruchs vor Gericht, der Elzie und dem neuen Vorsitzenden des BCH, Rechtsanwalt Holger Barrelet, zumindest noch drei Wochen Galgenfrist gibt, um vielleicht doch einen Coup zu landen und die Lizenz erteilt zu bekommen.

Über den neuen Chef an Bord weiß Elzie indes nur Gutes zu berichten: „Herr Barralet würde nie etwas tun, was der Mannschaft und dem Verein schaden würde.“ Eine Anspielung in Richtung Ex-Boss Holtkötter, der vor wenigen Wochen noch breit grinsend auf der Aufstiegsfeier kubanische Zigarren an seine feiernden Untertanen verteilt hatte.

Jetzt befindet sich der Verein im Niemandsland zwischen Bundesligazugehörigkeit und einem drohenden Zwangsabstieg in die Regionalliga. Wie elend die Situation ist, zeigt, dass Trainer Elzie mittlerweile Arbeitslosengeld beantragt hat und in der Welt sogar seine Handynummer zwecks Sponsoren-Anteilnahme veröffentlichen ließ. Den Kontakt zu seinen Profis, die immer noch auf ihr April-Gehalt warten, sucht Elzie gar nicht mehr. „Das hat keinen Sinn im Moment.“

In den nächsten drei Wochen geht es um die Zukunft des professionellen Basketballsports in der Olympia-Anwärterstadt Hamburg, oder, wie Elzie formuliert, um „alles oder nichts“. Vorausschauend haben sich die Zweitligisten aus Schwelm, Quakenbrück, Bayreuth und Bremen schon einmal für das anstehende Auswahlverfahren für die Tigers-Lizenz angemeldet. Die Geier kreisen schon.

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