: Der Hafen-Wettlauf kann losgehen
Heute macht der Senat auch offiziell den Deckel auf dem Tiefwasserhafen-Projekt zu. Hamburg will lieber die Elbe ausbaggern, um Altenwerder gegen die neue Konkurrenz Wilhelmshaven aufzurüsten. Hafenkooperation ist in weite Ferne gerückt
von PETER AHRENS
Vollzugsmeldung: Heute wird der Senat bekannt geben, dass sich Hamburg nicht an dem im Vorjahr verabredeten Großprojekt eines Tiefwasserhafens an der norddeutschen Küste in Wilhelmshaven beteiligen wird. Die Entscheidung hatte sich bereits seit Monaten abgezeichnet. Jetzt wird der Hafen allein unter der Verantwortung von Niedersachsen und Bremen entstehen.
Hamburgs Entscheidung war im Grunde bereits vor einem Jahr gefallen: Der damalige Bürgermeister Ortwin Runde (SPD) hatte dem Standort Wilhelmshaven auf Druck der beiden SPD-Kollegen aus Niedersachsen und Bremen zugestimmt, obwohl Hamburg stets den Mitbewerber Cuxhaven favorisiert hatte. Cuxhaven liegt als Elbanrainer Hamburg erheblich näher, während Wilhelmshaven von der Lage her vor allem der Bremer Hafengesellschaft Eurogate entgegen kommt – Hauptkonkurrent der Hamburger Hafen- und Lagerhausgesellschaft HHLA, ohne die in der Hamburger Hafenpolitik gar nichts geht. Von daher war klar, dass die HHLA gegen diesen ungeliebten Standort immer opponieren würde.
Zudem war die Zustimmung Hamburgs vor Jahresfrist Teil eines Handels, den die norddeutschen Grünen noch vorige Woche als „schmutzigen Deal“ abgetan haben. Runde hatte Wilhelmshaven akzeptiert und sich damit im Gegenzug die Zustimmung Niedersachsens zu einer erneuten Elbvertiefung erkauft. Dadurch dass auch Schleswig-Holstein dies alles absegnete, bekam dessen SPD-Ministerpräsidentin Heide Simonis von Hamburg und Niedersachsen grünes Licht für eine Elbquerung der Autobahn 20. „Solche länderübergreifenden Kompensationsgeschäfte mit Großprojekten, die einseitig zu Lasten der Umwelt gehen, lehnen wir ab“, hatten die Grünen Hamburgs, Schleswig-Holsteins, Niedersachsens und Bremens in einer gemeinsamen Erklärung formuliert und eine länderübergreifende Hafenkooperation gefordert.
Die wird es nach dem Ausstieg Hamburgs garantiert nicht mehr geben. Denn die formulierte Absicht der drei SPD-Regierungschefs im Vorjahr, Wilhelmshaven lediglich den Status eines Ergänzungshafens zu Bremen und Hamburg zuzubilligen, stand ohnehin nur auf dem Papier. Es war von Anfang an das Bestreben des niedersächsischen Regierungschefs Sigmar Gabriel, aus dem strukturschwachen Wilhelmshaven einen Standort für einen neuen Super-Hafen zu machen, der als Konkurrenz vor allem zu Hamburgs Container-Terminals in Altenwerder aufgebaut würde. Die Vereinbarung sah darüber hinaus vor, dass der Hafen zumindest zum Teil privat finanziert werden soll. Und die Hafenwirtschaft hat nur für den Fall Interesse, in Wilhelmshaven Millionen zu investieren, wenn es sich anschließend vom Containerumschlag her auch lohnt.
Wobei heute noch gar nicht klar ist, ob der Hafen tatsächlich je gebraucht wird: Die Riesen-Containerschiffe, die direkt an der Küste anlanden müssen, weil sie zu groß sind, um die Weser oder Elbe herunterzufahren, gibt es überhaupt noch nicht.
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