: Waren es fünf Tote oder acht?
In ihrer offiziellen Statistik sprechen die deutschen Innenminister von fünf Todesopfern nach polizeilichem Schußwaffengebrauch. Recherchen der taz ergeben eine höhere Zahl
BERLIN taz ■ Können die deutschen Innenminister nicht zählen? Diese Vermutung liegt zumindest nahe, wenn man sich die Zahl der Personen ansieht, die bei einem polizeilichen Schusswaffeneinsatz getötet wurden. Erst vor wenigen Tagen hatte der Vorsitzende der Innenministerkonferenz (IMK), Bremens Innensenator Kuno Böse, diese Zahl mit fünf angegeben. Doch selbst bei der bekanntermaßen recht eigenwilligen Zählweise der IMK kann sie so nicht stimmen.
Seit 1983 nämlich zählt die Innenministerkonferenz so genannte unbeabsichtigte Schussabgaben auch dann nicht mehr mit, wenn sie tödliche Folgen haben. Aber auch wenn man diese beschönigende Zählweise zugrunde legen will, liegt die Zahl der im letzten Jahr Getöteten höher als jene, die der Bremer Innensenator nannte. Nach Recherchen der taz starben im Jahr 2001 vielmehr insgesamt acht Personen durch Polizeischüsse. Eine Zahl, die auch das in Berlin ansässige „Institut für Bürgerrechte & öffentliche Sicherheit“ bestätigt. In drei Fällen wurden demnach in Bayern Menschen durch Polizeischüsse getötet. Je zwei Menschen wurden in Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen von Polizisten erschossen sowie einer in Berlin. Allenfalls ein Fall aus Baden-Württemberg könnte dabei nach den Kriterien der IMK-Statistiker als „unbeabsichtigte Schussabgabe“ mit Todesfolge gewertet werden. In diesem Fall war im August 2001 bei der Polizei ein Einbruchsalarm bei einer Möbelfabrik aus Guibingen eingegangen. Nachdem zwei Polizeibeamte die Firma ergebnislos durchsucht hatten, löste sich aus der Maschinenpistole eines Beamten ein tödlicher Schuss, der seinen Kollegen traf. In allen anderen der taz bekannten Fälle liegen die Umstände jedoch gänzlich anders und schließen eine unbeabsichtigte Schussabgabe im Grunde aus. In allen Fällen waren hier die Polizisten zuvor mit Messern, Schusswaffen oder schusswaffenähnlichen Gegenständen angegriffen und teilweise verletzt worden.
Aufklären lassen werden sich die Widersprüche zwischen der taz-Recherche und den offiziellen Angaben jedoch kaum. Denn anders als das Institut für Bürgerrechte, das Falldokumentationen erstellt, veröffentlicht die Innenministerkonferenz lediglich nackte Zahlen. Welche Fälle aus welchen Ländern aus welchen Gründen nicht in die Statistik eingegangen sind, lässt sich somit nicht mehr nachvollziehen. OTTO DIEDERICHS
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