: Polnisch lernen gegen Rechtsextremismus
Die Beratungsstellen für Ausländerfragen in Brandenburg, als Netzwerk bundesweit einmalig, werden zehn Jahre alt
Die dünn besiedelten Regionen Brandenburgs machen Geschäftsführer Alfred Roos besondere Sorgen. Zehn Jahre nach Gründung der Regionalen Arbeitsstellen für Ausländerfragen, Jugendarbeit und Schule (RAA) als bundesweit einmaliges Netzwerk pädagogischer Beratung gegen Rechtsextremismus nimmt Brandenburg bei fremdenfeindlichen Gewalttaten wieder den Spitzenplatz unter den Bundesländern ein. Erneut häufen sich Überfälle auf Asylbewerber und Aussiedler. Erst vergangene Woche starb ein 24-jähriger Russlanddeutscher nach fast drei Wochen Koma an den Folgen eines Übergriffs in Wittstock. „Ausländerfeindlichkeit und rechte Einstellungen sind in vielen Dörfern noch immer normal“, sagt Roos. Und genug qualifizierte Mitarbeiter für schlecht bezahlte Projekte in abgelegenen Orten zu finden, sei schwierig.
Doch trotz der nicht abreißenden Gewalttaten wertet der RAA-Geschäftsführer die Arbeit der 64 Mitarbeiter als Erfolg. Die RAA-Angebote reichen von Lehrerfortbildungen über eigens entwickelte Unterrichtsmaterialien gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit bis zu jährlich rund 400 Projekten an Kindergärten und Schulen.
„Zudem nehmen nirgendwo in der Bundesrepublik so viele Schüler an Wettbewerben über die deutsche Geschichte und den Nationalsozialismus teil wie in Brandenburg“, sagt Roos. Auch das sei ein Erfolg beim Kampf gegen rechte Einstellungen, an dem das Netzwerk Anteil hätte.
„Mit unseren Angeboten erreichen wir etwa 60 Prozent der rund 1.100 Schulen mit rund 400.000 Schülern in Brandenburg“, betont Mitarbeiterin Birgit Funke. Allein etwa 1.500 deutsche und polnische Grundschüler würden jährlich am Begegnungsprojekt „Spotkanie“ teilnehmen. Bei gemeinsamen Projekten erlernen sie die Sprache, die jeweils auf der anderen Seite der Grenze gesprochen wird.
„Fremdenfeindlichkeit hat damit zu tun, wie sich Jugendliche selbst erleben und ihre Chancen einschätzen“, sagt Roos. Fehlendes Selbstvertrauen mache anfällig für rechte Parolen. Deshalb wollen die Arbeitsstellen künftig die Brandenburger in den abgelegenen Regionen stärker dabei unterstützen, in den Dörfern ihre Angelegenheiten selbst in die Hand zu nehmen. EPD
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