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Eine halbe Stunde täglich

Die WHO will die Welt auf Touren bringen. Gut, dass man einige Bewegungen so ganz nebenbei erledigen kann: Einer „Epidemie des ungesunden Lebensstils“ lässt sich mit dem Velo vorbeugen. Aber überanstrengen sollte man sich nicht

Nichts Neues vom Menschen: Weiterhin, vielleicht sogar zunehmend, frönt er schlechten Gewohnheiten. Neu ist allenfalls die Formulierung, die UN-Generalsekretär Kofi Annan kürzlich benutzte. Zum Jubiläum der Weltgesundheitsorganisation (WHO) im April warnte er vor einer „Epidemie eines ungesunden Lebensstils“. Die WHO schätzt, dass weltweit bis zu 80 Prozent der Erwachsenen nicht genügend in die Gänge kommen.

Geradezu alarmierend ist in diesem Zusammenhang eine weitere WHO-Verlautbarung, die den Mangel an körperlicher Bewegung als eine der Hauptursachen für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes und Fettleibigkeit sieht, der damit verantwortlich sei für den Tod von etwa zwei Millionen Menschen jährlich. „Bewegt euch!“, bringt es die Weltgesundheitsorganisation treffend auf den Punkt. Schon rund dreißig Minuten körperlicher Aktivität pro Tag sollen helfen, Krankheiten zu vermeiden. Anders ausgedrückt: Sich regen bringt längeres Leben.

Ärzte, Sportwissenschaftler und Fahrradlobbyisten weisen seit Jahren darauf hin, dass Fahrrad fahren eine hervorragende Form der Vorbeugung sei. Denn das Velo ist nun mal beides: Verkehrsmittel und Sportgerät. Wer doppelten Nutzen aus seinem Fahrrad ziehen und den Weg zur Arbeit als Trainingseinheit gestalten möchte, sollte allerdings als Anfänger nicht übertreiben. Sagen wiederum die Mediziner.

Dirk Clasing, Professor an der Universität Münster, seit zehn Jahren verantwortlich für die Dopingkontrollen beim Deutschen Sport-Bund, rät zu einem langsamen Einstieg und zu moderatem Steigern des Tempos. Wer sich daran halte, könne davon nur profitieren: „Der Mensch ist eine Verbrennungsmaschine. Durch Muskelarbeit verbrennen wir mehr Kalorien, der Stoffwechsel und die Atmung werden angeregt. Die Belastbarkeit erhöht sich, die Gelenke werden geschont.“ Positive Auswirkungen von regelmäßigem Ausdauertraining lassen sich nach Angaben anderer Mediziner an zahlreichen Organen und Gewebssystemen nachweisen.

Doch nicht nur im Hinblick auf eine Gewichtsreduktion oder die Stärkung der Muskulatur sei Fahrradfahren zu empfehlen. Auch ein besseres Körpergefühl stelle sich durch die Bewegung ein. Glückshormone würden ausgeschüttet, der Erlebniswert werde gesteigert. Außerdem: „Rad fahren kann fast jeder von frühester Jugend an bis ins hohe Alter“, so Clasing.

Laut einer Umfrage des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) treten 62 Prozent der Deutschen in die Pedale – wenigstens einmal im Monat. Das ist noch kein Grund, vor Begeisterung in die Hände zu klatschen. DORIS FRIEDRICHS

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