Die Ehre der Polizei: Überzogene Befindlichkeit
Nach der Neonazidemo vor zwei Jahren in Altona hätte man über anderes zu Gericht sitzen müssen als ausgerechnet über einen erhobenen Zeigefinger. An einem historischen Ort, von dem im Juli 1932 der „Altonaer Blutsonntag“ ausging, haben Nazis ihre menschenverachtende Propaganda auf die Straße getragen. Die Polizei hat die Meinungs- und Demonstrationsfreiheit von AntifaschistInnen massiv eingeschränkt. Ein ganzer Stadtteil war im Ausnahmezustand – und langfristige Konsequenzen hat das ausgerechnet für einen Mann, weil der vor einem Polizisten den Stinkefinger erhoben hat.
Kommentarvon ELKE SPANNER
Man mag den Anblick als unschön oder gar beleidigend empfinden. Aber erstens ist es weit demütigender, per Foto in Polizeiakten aufgenommen zu werden, weil man gegen Faschisten demonstriert. Und zweitens muss ein Polizist das einfach ab können. Jener Beamte war nicht als Privatperson im Einsatz. Was sind das für überzogene Befindlichkeiten eines Repräsentanten der bewaffneten staatlichen Ordnungsmacht, sich durch eine Geste persönlich angegriffen zu fühlen, die im Straßenverkehr zum Alltag gehört?
Nur wenige Monate vor jener Nazidemo in Altona durften Rechtsradikale in Lohbrügge unbehelligt die Parole „Ruhm und Ehre der Waffen-SS“ skandieren – in Anwesenheit des damaligen Polizeipräsidenten Justus Woydt. Das war tatsächlich ein schwerwiegender Angriff gegen vor allem ältere Menschen, die den Faschismus noch miterlebt haben.
Dafür aber wurde niemand strafrechtlich belangt.
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