: „Mein Leben ist hier“
Verwaltungsgericht verhandelt über den Fall eines achtjährigen Mädchens, das nach Ghana abgeschoben werden soll. Vor drei Jahren hatte der Fall schon mal die Bürgerschaft beschäftigt, damals hatte die CDU sich für das Mädchen eingesetzt
von ELKE SPANNER
Gerne hätte die kleine Roda G. darauf verzichtet, in der Hamburger Bürgerschaft eine kleine Revolution auszulösen: SPD und GAL stimmten 1999 gegen ein Bleiberecht für das damals fünfjährige Mädchen – und die CDU in einmaliger Koalition mit der Regenbogen-Gruppe dafür.
Dabei hatten die Abgeordneten aller Colour einhellig ihre Entschlossenheit beteuert, das Mädchen vor der Abschiebung ins unbekannte Ghana und der dortigen Gefahr der Genitalverstümmelung in Schutz zu nehmen. Darüber aber, so die Entscheidung der damaligen Koalition aus SPD und GAL, sollte statt des Hamburger Parlaments das „Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge“ entscheiden. Das hat den Asylantrag des Mädchens inzwischen abgelehnt. Heute verhandelt das Hamburgische Verwaltungsgericht über den Fall.
Roda ist in Hamburg geboren und aufgewachsen. Mittlerweile ist sie acht Jahre alt, geht in die Schule und anschließend in den Schülerladen, bis ihre Mutter von der Arbeit kommt. In Ghana, wohin sie die Ausländerbehörde schicken will, war sie noch nie. Rodas Mutter Georgina G. ist bereits vor 16 Jahren nach Hamburg gekommen. Auch sie hat ihr Herkunftsland seitdem nie wieder gesehen. „Mein ganzes Leben ist hier“, sagt sie dazu. Sie hat eine Wohnung, sie hat einen Job – aber nur noch eine Duldung in Deutschland, solange das Asylverfahren für ihre Tochter läuft. Georgina G. ist nicht einmal durch die Altfallregelung anerkannt, welche ein dauerhaftes Bleiberecht für MigrantInnen ermöglicht, die jahrelang mit unsicherem Status in Deutschland lebten. Zwar sieht die einen gesicherten Status für AusländerInnen vor, die vor 1993 eingereist sind und sich „in die hiesige wirtschaftliche, soziale und rechtliche Ordnung eingefügt haben“ – wie Georgina G. Da sie aber Anfang der neunziger Jahre einmal vor der Ausländerbehörde falsche Angaben gemacht hatte, so das Amt, habe sie sich das Recht auf einen dauerhaften Aufenthalt verspielt.
Als Georgina G. 1999 eine Petition für ihre Tochter in der Bürgerschaft eingereicht hatte, hatte sich besonders die CDU-Abgeordnete Bettina Pawlowski vehement für Roda eingesetzt und scharfe Worte für die damals Regierenden gefunden: „Hamburg hätte losgelöst vom Bundesamt klar sagen können: Wir möchten, dass das Mädchen hier bleiben kann“, hielt Pawlowski SPD und GAL vor. Ihr Fraktionskollege Jürgen Klimke hatte zudem die „psychologische Belastung“ des Mädchens und deren Mutter Georgina G. betont, die von der Stadt Hamburg „eine Ablehnung bekommen haben“.
Womöglich wird die CDU eine zweite Gelegenheit bekommen, sich für das Mädchen stark zu machen – diesmal als regierende Partei. Denn sollte ihr auch das Verwaltungsgericht den Asylstatus verweigern, könnte der Fall ein zweites Mal vor dem Petitionsausschuss der Hamburger Bürgerschaft landen.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen