: Eine Villa für die Frauen
Nach all‘ dem Reden über Sponsoring und Image-Interessen eine wohltuend selbstlose Mäzenatentat: Die Gründung des Sophie-Drinker-Instituts für Frauenmusikforschung
Wer war Sophie Drinker? Selbst Frauen, die sich in der Komponistinnenszene gut auskennen, wissen es nicht. Und dabei ist das große Forschungsfeld der Musik von historischen Komponistinnen ohne die Amerikanerin Sophie Drinker nicht denkbar. Drinker war eine Hausfrau, die in ihrem Chor zuständig war für die Besorgung von Noten und der dabei auffiel, dass es Musik von Frauen scheinbar nicht gab.
Das wunderte die Mutter von fünf Kindern, und sie machte sich auf die Suche. Das Ergebnis war das 1948 in New York erschienene Buch „Music and Women“. Später erhielt die Autodidaktin Sophie Drinker einen Ehrendoktor für ihre Forschungen.
Jetzt wurde Sophie Drinker Namensgeberin für ein soeben gegründetes Institut in Bremen. Es beherbergt wissenschaftliche Literatur über Komponistinnen, Arbeiten vor allem auch aus der Gender-Forschung, die in der Bremer Uni-Bibliothek und in der städtischen Musikbibliothek (direkt neben dem neuen Institut gelegen) kaum noch angeschafft werden. Neben der wissenschaftlichen Literatur türmen sich hier Noten, Noten, Noten ... – in der 1981 erschienenen Enzyklopädie „Women Composers“ von Aaron Cohen gibt es über 6.000 Komponistinnen. Für den Ankauf von Noten und Literatur ist ein Etat von 40.000 Euro vorhanden. Wo kommt das Geld her?
Die Geschäftsführerin des Sophie Drinker Institutes, die Oldenburger Professorin Freia Hofmann, erzählt, seit langem plane sie mit Eva Rieger ein Institut mit dem Schwerpunkt „musikwissenschaftliche und musikpädagogische Frauen- und Geschlechterforschung“. Eva Rieger, ehemalige Professorin für Musikwissenschaft an der Uni Bremen, hat mit ihrem 1981 erschienenen Buch „Frau, Musik und Männerherrschaft“ das erste wissenschaftliche Buch über Komponistinnen geschrieben – eigentlich eher darüber, unter welchen Umständen sie komponierten, und warum sie in unserer Geschichte der Musik bis heute kaum vorkommen. Denn darüber täuschen wachsende Ausnahmen nicht hinweg.
Eine Freundin Eva Riegers, die Schweizerin Mariann Steegmann, Erbin einer bedeutenden Kunstsammlung, war bereit, über Bilderverkauf eine Stiftung zu gründen und Kunst von Frauen zu finanzieren. Auf dieser Basis kann das Bremer Sophie Drinker Institut für‘s erste einen Jahresetat von 150.000 Euro einplanen. Die jetzige Eröffnung in der alten Villa Außer der Schleifmühle 28 konnte Mariann Steegman nicht mehr erleben, sie starb im Juni vergangenen Jahres nach schwerer Krankheit.
Freia Hofmann steuerte das liebevoll renovierte Haus dazu, das sie der Stiftung mietfrei überlässt. Beides zusammen eine fantastische mäzenatische Tat, die den norddeutschen Raum neben dem ganz anders konzipierten Künstlerinnenhof Höge zu einem Mekka für musikwissenschaftliche Frauenforschung machen könnte.
Die Eröffnung verlief entsprechend euphorisch. Den Festvortrag hielt die Kultursenatorin a.D. Christina Weiß aus Hamburg, die mit einer bei PolitikerInnen selten anzutreffenden Leidenschaft für den Sinn der Kunst – sie erst mache unser Leben menschenwürdig – auf die Bedeutung solcher Stiftungen hinwies. Die Bibliothek wird selbstverständlich öffentlich zugänglich sein, Bücher allerdings werden nicht ausgeliehen. Außerdem wird neben der Geschäftsführung durch Freia Hofmann die Kapazität für eine promovierte wissenschaftliche Mitarbeiterin geschaffen und Stipendiatinnen, wissenschaftliche Hilfskräfte und Praktikantinnen können beherbergt werden.
Jetzt warten wir nur noch darauf, dass die Schätze des Institutes klingen.
Ute Schalz-Laurenze
Informationen über das Sophie Drinker Institut: www.sophie-drinker-institut.de.
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