wm-mittagspause
: Fußballgott save America

Thanx for the soccer …

Die Amerikaner mal wieder. Als Europäer hat man sich ja seit 1941 schon fast daran gewöhnt, dass sie immer für uns die Kohlen aus dem Feuer holen. Aber das hier …

Der gemeinschaftliche Anschlag von FIFA und Kirch auf das ehemalige europäische Kulturgut Fußball scheint rundum gelungen. Kaum finden die Mittagsspiele der Fußball-WM mal nicht auf ARD und ZDF statt, wird die Bremer Innenstadt zur Kicker-Wüste.

Vor der spanischen Kneipe steht zwar ein Schild „WM live“, aber drinnen heißt es: Perdón, wir haben leider kein Premiere. Selbes Schild, selber Satz beim Mexikaner um die Ecke. Stattdessen gibt es drittklassiges Tennis. Die meisten Innenstadt-Italiener scheinen andere Spiele als die der Azzurri ohnehin zu boykottieren.

Ein Möbelhändler wirbt groß mit WM-Fußball, aber auf seinem Riesenbildschirm flimmert eine Daily-Talkshow. „Wir wollten Premiere zeigen, aber es gab dafür keine Genehmigung“, sagt ein graumelierter Herr bedauernd. Sein Tipp: „Vielleicht bei Saturn.“

Dort gibt es zwar Schmäh-CDs mit dem Titel „Auf Wiedersehen Holland“, weil die Nachbarn in Asien nicht dabei sind. Aber „dabei“ ist der Saturn-Kunde auch bestenfalls per Videotext.

Die erste Halbzeit ist schon vorbei, da ist endlich Rettung in Sicht: Ausgerechnet „Johnny B. Goode’s American Restaurant“ (Pieperstraße) rettet das Abendland mit drei Bildschirmen! Hier gibt es Premiere live täglich ab elf Uhr, in angemessener Lautstärke, nur im Hintergrund plätschert ein wenig Streetsoul. Dafür erträgt man sogar den berüchtigt-labberigen amerikanischen Espresso, gegen den selbst die Abwehrreihen von Spanien, Südafrika, Kroatien und Paraguay titanische Stärke ausstrahlen. Die Gäste sitzen perfekt ausgerichtet wie im Stadion und haben, wenn überhaupt, an der Premiere-Bildregie zu nörgeln, die es schafft, von einem Spiel zum anderen immer just zu einer Verletzungsunterbrechung umzuschalten. Befriedigt nehmen sie über ihre Hamburger hinweg zur Kenntnis, dass die schwachen Paraguayos irgendwie ins Achtelfinale stolpern und damit „unser“ nächster Gegner werden.

Das Beste an dieser US-Intervention in Europas Allerheiligstes, die sozusagen Peacemaking und Marshallplan in einem ist: Die Kellner sind voll auf ihren Job konzentriert. Fußball interessiert sie nämlich nicht die Bohne. jank

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