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Müllmann in Haft

Kölner Staatsanwalt setzt Ex-DDR-Spion und SPD-Mann Wienand hinter Gitter. Er soll in Korruptionsfall bei Müllentsorgung verwickelt sein

KÖLN taz ■ Der Zugriff kam völlig überraschend: Gestern ließ die Kölner Staatsanwaltschaft den Entsorgungsunternehmer Hellmut Trienekens, den Kölner Ex-SPD-Fraktionschef Norbert Rüther und den früheren SPD-Bundestagsabgeordneten Karl Wienand verhaften. Der Verdacht: Nach einer Verabredung zwischen Trienekens, Wienand, dem Exgeschäftsführer der Kölner Abfallentsorgungs- und Verwertungsgesellschaft (AVG), Ulrich Eisermann, und dem Exmanager des Gummersbacher Anlagebauers Steinmüller, Sigfrid Michelfelder, soll die Auftragsvergabe für die Kölner Müllverbrennungsanlage an die Firma Steinmüller in den Neunzigerjahren aufgrund einer „Angebotsmanipulation“ zustande gekommen sein. Davon sei jedenfalls nach dem derzeitigen Ermittlungsstand auszugehen, teilte die Staatsanwaltschaft mit. Dabei seien Schmiergelder in Höhe von 21,6 Millionen Mark geflossen. Von den Zahlungen Steinmüllers hätten Trienekens zwei Millionen und Wienand 4,4 Millionen Mark erhalten. Rüther soll von dem Kuchen „für seine erforderliche Unterstützung beim Bau der MVA“ zwei Millionen Mark abbekommen haben.

Gerade für den 75-jährigen Wienand kann die Verhaftung fatale Folgen haben. Denn der frühere SPD-Strippenzieher, der in den Siebzigerjahren zu den Mächtigsten und Einflussreichsten in Bonn gehörte, war nur auf Bewährung in Freiheit. Der frühere Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion und Mitarbeiter Herbert Wehners, dessen Name seinerzeit in fast allen Skandalen der Republik auftauchte, war 1996 zu zweieinhalb Jahren Haft und einer Million Mark Geldstrafe verurteilt worden. Die Bundesanwaltschaft hatte ihm vorgeworfen, vom Herbst 1970 bis zur Wiedervereinigung 19 Jahre lang für die DDR spioniert und dafür einen Agentenlohn von mindestens 1,5 Millionen Mark kassiert zu haben. 1999 begnadigte ihn Bundespräsident Roman Herzog, ordnete allerdings gleichzeitig eine fünfjährige Bewährungszeit an. Die ist noch nicht um. Nach seiner politischen Karriere war Wienand 20 Jahre Berater Steinmüllers und 15 Jahre Lobbyist für Trienekens. PASCAL BEUCKER

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