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Illegal: Reza Norouzi
Reza Norouzi und sein Freund Hassan Teherani werden im August 1995 in Teheran nach längerer Beschattung von den so genannten Revolutionswächtern in der Wohnung von Norouzis Eltern überfallen. Norouzi entkommt, Teherani wird verhaftet, gefoltert und wegen Homosexualität zum Tode verurteilt. Das Urteil wird vollstreckt.
Reza Norouzi flüchtet über die Türkei nach Deutschland und beantragt in Sachsen Asyl. Da er bei der Anhörung keine Zeugen vorbringen und sich zudem nur mit einem Rettungsschwimmerpass ausweisen kann, bezweifelt der Einzelentscheider der Behörde, dass Norouzi tatsächlich schwul ist. Ob ein Arzt dies feststellen könne und ob er denn in Deutschland schon homosexuelle Kontakte gehabt habe, will man von ihm wissen.
Norouzis Antrag wird abgelehnt. In der Begründung heißt es, „dass ganz andere Gründe den Antragsteller veranlasst haben, den Iran zu verlassen“. Wenn niemand in seinem Viertel von seiner Homosexualität gewusst habe, liest man weiter, wie konnte er dann dadurch auffallen? Darüber hinaus macht man ihm sogar zum Vorwurf, er könne den Revolutionswächtern gar nicht entkommen sein, hätten die doch sicherlich das ganze Haus umstellt.
Norouzi klagt daraufhin gegen die Ablehnung vor dem Verwaltungsgericht in Chemnitz. Im Jahr darauf, 1999, glaubt es ihm endlich, dass er homosexuell ist – nicht aber, dass er deswegen im Iran verfolgt worden war.
Dabei heißt es sogar in dem oftmals als unzureichend kritisierten Lagebericht des Auswärtigen Amtes, dass im Iran Hinrichtungen nicht nur „in beachtlichem Umfang“ durchgeführt würden, sondern dass die Todesstrafe unter anderem auch für Homosexualität verhängt würde.
Unterdessen wird Norouzi in seinem Wohnheim misshandelt und taucht ab, nachdem sein Antrag auf Umverteilung nach Schleswig-Holstein abgelehnt wird. Er flieht in die Niederlande, die ihm als Homosexuellem in einer Sonderregelung ein zweites Verfahren gewähren würden. Voraussetzung aber ist, dass sein Antrag in Deutschland abgelehnt wird. So lange das Bundesamt nun seine Entscheidung hinauszögert, ist Reza Norouzi zum Leben in der Illegalität gezwungen. FKR
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