EU-GIPFEL: AGRARREFORM UND OSTERWEITERUNG GEHÖREN ZUSAMMEN: Verdammt zum Erfolg
In der EU haben nicht mehr linke, sondern rechte Regierungen die Mehrheit – aber der Ausbau der „Festung Europa“ wird nicht beschleunigt. Vielmehr war es gerade der konservative französische Staatspräsident Chirac, der verhinderte, dass Regierungen, die die Flucht aus ihrem Land nicht unterbinden, mit Sanktionen belegt werden. Und damit die Linken Schröder und Blair stoppte.
Der Gipfel von Sevilla hat damit auch gezeigt, das es in der EU derzeit keine Struktur gibt, in der Entscheidungen organisiert werden können. Linke verbünden sich mit Rechten, kleine Staaten mit großen – aber eine deutsch-französische Zusammenarbeit, die früher Kompromisse vorbereitete, gibt es nicht mehr. Im Gegenteil, der französische Präsident fühlt sich nach seinem Wahlerfolg stärker denn je und hat sich nicht nur bei der Einwanderungspolitik, sondern auch beim Stabilitätspakt gegen die Bundesregierung durchgesetzt. Denn Paris will diesen nur einhalten, wenn Frankreichs Wirtschaft im kommenden Jahr um 3 Prozent wächst. Doch wer glaubt schon daran …
Dabei steht die EU vor den beiden weitreichendsten Entscheidungen ihrer Geschichte: der Osterweiterung und der Agrarpolitik-Reform. Die Strategie der Kommission, beides streng zu trennen, ist nun von Bundeskanzler Schröder durchkreuzt worden. Keine Zusagen über Direktzahlungen an Osteuropas Bauern, solange wir nicht wissen, wohin die Agrarpolitik steuert, heißt es aus Berlin. Doch was vielen als Versuch erscheint, die Erweiterung zu verzögern, bietet tatsächlich die Chance, sowohl eine schnelle Erweiterung als auch den Einstieg in eine sinnvolle Landwirtschaftspolitik zu bekommen. Beim kommenden EU-Gipfel werden drei Interessen aufeinander prallen: Die Osteuropäer wollen Geld. Die Nettozahler wollen nicht mehr hergeben. Und die bisherigen Nettoempfänger wollen auf nichts verzichten. Alle drei Gruppen sind zum Erfolg verdammt – denn ein Scheitern der Osterweiterung würde die EU um Jahrzehnte zurückwerfen. Und der Rest der Welt würde auch eine Verschiebung um nur wenige Monate bereits als Scheitern betrachten. SABINE HERRE
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