Verband schützt Ärzte

Ärztekammer sieht Patient-Arzt-Beziehung durch Staatsanwaltschaft bedroht. Die hatte Praxen wegen des Verdachts falscher Atteste für Flüchtlinge durchsucht

Jetzt interveniert die Hamburger Ärztekammer. Bisher hatte der Verband stillschweigend zugesehen, wenn einzelne Mitglieder von der Staatsanwaltschaft falscher Atteste bezichtigt wurden und sogar die Durchsuchung ihrer Praxen und Privaträume erdulden mussten. Gestern nun erinnerte die Ärztekammer an die „Verletzlichkeit der Patient-Arzt-Beziehung“ und verurteilte das Vorgehen von Polizei und Staatsanwaltschaft als „rechtsstaatlich unverhältnismäßiges Mittel“.

Immer wieder unterstellt die Ausländerbehörde ÄrztInnen, durch falsche Atteste die Abschiebung von Flüchtlingen zu verhindern. Erstmals hatte die Staatsanwaltschaft daraufhin im Mai vorigen Jahres die Praxen von sechs MedizinerInnen durchsucht. Da die von der Ausländerbehörde oftmals angezweifelten Atteste aber fast ausnahmslos von behördlichen AmtsärztInnen bestätigt wurden, gerieten auch diese ins Visier der Ermittler: Im Mai durchforstete die Staatsanwaltschaft die Räume einer Amtsärztin im Harburger Gesundheitsamt. Um sich vor solcher Verfolgung zu schützen, hatten die übrigen AmtsärztInnen daraufhin die Begutachtung von Flüchtlingen bis auf weiteres verweigert.

Die Ärztekammer begrüßt diesen Schritt. An die Ausländerbehörde appelliert sie, berufsrechtliche Fragen mit der dafür zuständigen Ärztekammer zu klären. In den Fällen, in denen der Verband in der Vergangenheit inkriminierte Fälle überprüft hatte, wurden laut Ärztekammerpräsident Frank Ulrich Montgomery keine Verstöße gegen Berufspflichten nachgewiesen: „Wenn Polizei und Staatsanwaltschaft aufgrund derart vager Verdachtsmomente mitten im normalen Patientenverkehr in Praxen und Diensträume eindringen, dann hat das erhebliche negative Auswirkungen auf den Ruf und die Berufsausübung unserer Kollegen“, kritisiert Montgomery. ELKE SPANNER