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Die Lehrer, die Eltern und ich

PISA, die ganz besonders Schlechten: die taz fragte Kinder aus Migrantenfamilien zur Bildungsmisere. Manche wünschen sich mehr Betreuung, andere finden die Bremer Schulen zu lasch

„Kommt darauf an, wie die Lehrer einen annehmen. Manche haben keinen Bock“

PISA? Diese Studie, wonach Bremer SchülerInnen die schlechtesten der Republik sind? Und Bremer Migrantenkinder vor allem? Wangler muss mal eben umschalten. Der Bremer Sohn einer Brasilianerin will gerade zum Fußballclub Union, frisch inspiriert von Ronaldos Treffer ins türkische Tor. Und doch nimmt sich der braungelockte 15-Jährige ein paar Minuten zum Nachdenken. PISA. Ernst, als wäre der Spruch auf seinem T-Shirt, Create a new generation – use tools for the future“ für ihn gemacht. Dann fragt er zurück: „Warum kann ich mit Realschulabschluss von der Gesamtschule Mitte eigentlich nicht auf‘s Gymnasium wechseln?“ Da will er nämlich hin, zum Abitur. Dass seine Leistungen schwächer seien als die von Kindern hier geborener Eltern, kann er nicht erkennen. Sein Verdacht, wenn Kinder aus Migrantenfamilien bei PISA schlechter lagen: „Vielleicht liegt es an den Lehrern?“ Sein Matheunterricht könnte entschieden besser sein. Sonst sei alles ok. Aber: „Mich haben sie auch nicht getestet!“

Ali, den Sohn iranischer Eltern, haben sie auch nicht getestet. Aber auch er vermutet, Lehrer spielten eine Rolle im Debakel. „Es hängt davon ab, wie man von den Lehrern angenommen wird“, sagt der künftige Achtklässler. Und da habe er manchmal schon das Gefühl, „dass manche Lehrer keinen Bock haben auf ausländische Schüler“. Auf solche, die Krawall machen, frech sind und an Strafe wenig finden. Da wäre es wichtig, dass die Lehrer besser unterscheiden – „zwischen solchen Türken, die nur Mist machen zum Beispiel und den anderen, die voll ok sind.“ Das müssten Lehrer bei 25 Schülern doch schaffen, findet er – und lobt zugleich die Mitschüler. „Wenn die sehen, dass jemand eine schlechtere Note als ein Deutscher kriegen soll, obwohl der gar nicht besser ist, dann setzen sie sich ein.“ Hilfen böte Schule ansonsten genug: „Einer sprach zuerst nur englisch, als er in die Klasse kam. Dann hat ihm der Deutschlehrer Nachhilfe angeboten.“

Diese Erfahrung hat auch Amsat gemacht, der mit seinem nigerianischen Vater meist Yoruba oder Englisch spricht – und das auch nach 18 Monaten Bremen noch viel leichter findet als Deutsch. Aber mehr Geduld würde er sich von den Lehrern schon wünschen. Wenn er etwas nicht versteht – aber auch, wenn sein quirliges Temperament dem Lehrer auf den Geist geht. „Immer kriege ich die Schuld. Deutsche selten“, seufzt er. Zuhause gibt‘s dann auch noch Ärger. Die Eltern nehmen Schule ernst. Wie die des 13-Jährigen Samuel. „Aber manches ist für uns schwerer“, sagt er. Und räumt ein, dass er vielleicht mehr lernen sollte.

Das kann John Marc von sich nicht finden. Nach erst 30 Monaten Bremen spricht der Sohn einer Filipina und eines Deutschen schon fließend Deutsch. Und was die Leistung der hiesigen Schüler angeht, lächelt der 13-Jährige selbstbewusst: „In den Philippinen haben wir mehr gelernt.“ Dieser Vorsprung habe ihm den Einstieg hier in Deutschland erleichtert. ede

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