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Wahltermin in der Türkei weiter offen

Wegen Beschlussunfähigkeit platzt eine Sitzung des Parlaments. Premier Ecevit will im Frühjahr 2003 wählen lassen

ISTANBUL taz ■ Ein Ausweg aus der Regierungskrise in der Türkei bleibt schwierig. Gestern scheiterte im Parlament ein erster Versuch, sich auf einen Termin für vorgezogene Neuwahlen zu verständigen. Kurz nach Eröffnung einer von der Opposition beantragten Sondersitzung, musste Parlamentspräsident Ömer Izgi feststellen, dass das hohe Haus nicht beschlussfähig ist. Zur Sitzung waren lediglich zwei Oppositionsparteien erschienen, während die Regierungsparteien, aber auch die gestern gegründete Partei „Yeni Türkiye“ (Neue Türkei) des Exaußenminister Ismail Cem, die Versammlung blockierten. „Wir sind nicht gekommen, weil das EU-Reformpaket nicht auf der Tagesordnung stand“, begründete Anap-Chef Mesut Yilmaz die Abstinenz der Regierungsparteien. Auf deren Antrag soll das Parlament am 29 Juli erneut zusammentreten.

Doch auch in der kommenden Runde ist nicht gesichert, dass die Parlamentarier sich auf einen Neuwahltermin verständigen. Eine Verabredung unter den Parteiführern der Koalitionsregierung, am 3. November zu wählen, wurde am Sonntag von Premier Ecevit wieder aufgekündigt. Angesichts niederschmetternder Umfragewerte für ihn und den Rest seiner DSP, will Ecevit erst im kommenden Frühjahr die Wähler an die Urnen rufen.

Fraglicher noch als eine Einigung auf einen Wahltermin ist, ob es Yilmaz gelingen wird, auf derselben Sitzung am 29. Juli sein EU-Reformpaket noch durchs Parlament zu bringen. Da Paket sieht vor, die Todesstrafe ganz abzuschaffen, einen Fernseh- und Radiosender in kurdischer Sprache zuzulassen und in Privatschulen den Unterricht in Kurdisch zu erlauben.

Obwohl außer der ultrarechten MHP alle anderen Parteien im Prinzip diesen Schritten zustimmen, ist nicht sicher, ob sich im Parlament die nötige Mehrheit findet. Die islamistische Opposition hat immer versucht, in eine Reformpaket auch die Aufhebung von Beschränkungen für ihre jeweiligen Parteiführer Necmettin Erbakan und Tayyip Erdogan einzubauen, und Ecevit könnte gerade im Moment versucht sein, mehr auf die Empfindlichkeiten seines Koalitionspartners MHP als auf die der EU zu achten.

Selbst Cem, Chef der Yeni Türkiye, ist skeptisch, ob es gelingen wird, bis zum EU-Gipfel Ende des Jahres alle notwendigen Reformen durchzusetzen. In einem Interview mit AP sagte er: „Es ist ein Rennen gegen die Zeit. Aber ich glaube nicht, dass alles verloren ist, selbst wenn wir es in diesem Jahr nicht mehr schaffen.“JÜRGEN GOTTSCHLICH

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