Viel Angst, wenig Ahnung

Umfrage des Strahlenschutzamtes: Mehr Besorgnis wegen Mobilfunkmasten als wegen Handys. Beim Telefonieren ist aber die Strahlung mindestens tausendmal höher

HANNOVER taz ■ Die Gesundheitsrisiken durch das mobile Telefonieren werden von den Bundesbürgern in der Regel falsch eingeschätzt. Nach einer repräsentativen Umfrage, die das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) in Auftrag gegeben hat, löst eine Mobilfunkanlage auf dem Dach bei den Bundesbürgern weitaus mehr Besorgnisse aus, als das Telefonieren mit dem eigenen Handy am Ohr. „Die Befüchtungen stehen nicht im Einklang mit den messbaren Belastungen“, kommentierte BfS-Präsident Wolfram König gestern die Ergebnisse der bislang unveröffentlichten Umfrage. Ein Handy, das direkt am Körper gehalten werde, wirke mit wesentlich stärkeren elektromagnetischen Feldern auf den Benutzer ein als eine auf dem Dach oder einem Turm installierte Mobilfunkstation. Die Feldstärke läge beim Handy „mindestens um den Faktor 1000 höher“.

Nach der Ende des letzten Jahres durchgeführten Umfrage, für die das BfS durch die „I + G Gesundheitsforschung“ 2.000 Bundesbürger interviewen ließ, können die Bundesbürger die Belastung durch elektromagnetische Felder allerdings nicht einschätzen. So äußerten 29,5 Prozent aller Befragten „starke oder sehr starke Befürchtungen“, durch Mobilfunkstationen gesundheitlich beeinträchtigt zu sein. Damit lösen Mobilfunkstationen mehr Sorgen aus als etwa der erwiesenermaßen krank machende Verkehrslärm. Durch den Krach an den Straßen fürchten nur 28,4 Prozent der Befragten um ihre Gesundheit. Das eigene Handy, das ein Vielfaches an Elektrosmog am Kopf des Nutzers erzeugt, war 22 Prozent der Befragten Anlass für starke oder sehr starke Sorgen. Mehr Besorgnisse als die Mobilfunkanlagen erzeugten in der Umfrage nur Hochspannungsleitungen (32 Prozent stark besorgt), Luftverschmutzung (37 Prozent), Alkohol (39 Prozent) und Rauchen (46 Prozent). Im Übrigen benutzten 65 Prozent der 2.000 befragten Deutschen im Alter ab 14 Jahren selbst ein Handy.

Bei den knapp sechs Prozent Befragten, die sich durch elektromagnetische Felder gesundheitlich beeinträchtigt fühlten, standen die Sendemasten im Zentrum der Befürchtungen. 16 Prozent der Befragten mit Beeinträchtigungen hatten Masten auf dem Dach ihres Wohnhauses, 14 Prozent wohnten in Sichtweite einer Sendeanlage. Die meisten Sorgen um die eigene Gesundheit lösen die Mobilfunkmasten eindeutig in Bayern aus: Dort machten sich gleich 48 Prozent der Befragten erheblich Sorgen wegen möglichen Elektrosmogs durch die Mobilfunkstationen.

Auf die Frage, wie schädlich elektromagnetische Felder tatsächlich sind, kann eine Befragung natürlich keine Antwort geben. In den Augen von BfS-Präsident König gibt es derzeit zwar keinen wissenschaftlichen Nachweis für gesundheitliche Gefahren des Mobilfunks, wohl aber Hinweise auf mögliche Risiken und eine Reihe unbeantworteter Fragen. Angesichts der großen Zahl der Nutzer rät König zur vorsorglichen Minimierung der Belastung durch elektromagnetische Felder. Hier allerdings kann man bei der Auswahl und dem Gebrauch des eigenen Handys etwas tun.

JÜRGEN VOGES