Randale auf der Polizeiwache

Körperverletzung im Amt? Ein 16-Jähriger erstattet nach seiner Festnahme wegen Randalierens jetzt Anzeige gegen die Polizei. Als sein Kinn auf der Wache platzte, warteten seine freigelassenen Freunde schon draußen

Soviel ist sicher: auf der Polizeiwache Hoyaerstraße ist es am letzten Samstag hoch hergegangen. In diesem Punkt sind sich vier junge Männer, die dort im Gewahrsam saßen, und die Polizei einig. „Wir waren angetrunken“, sagen die jungen Männer. „Die Bullen“ hätten sich schon bei der ersten Begegnung im Fesenfeld „total großkotzig aufgeführt“. Ein Polizeisprecher sagt: „Die alkoholisierten jungen Männer haben nachts gelärmt.“ Anwohner hätten die Polizei gerufen, Autos würden beschädigt. Doch die jungen Männer hätten nicht mit sich reden lassen. Später sei die Situation eskaliert.

„Das stimmt“, räumen die Beschuldigten ein, die allesamt Anzeigen wegen Sachbeschädigung und Beamtenbeleidigung kassiert haben. „Aber als wir gesehen haben, wie Benjamin (Name gändert) mit blutigem Gesicht aus der Wache kam, sind wir ausgerastet“, sagt sein Freund Sebastian. Ihn selbst habe die Polizei gleich beim ersten Zusammentreffen unsanft zu Boden gebracht. „Ich hatte einen Witz gemacht.“ Sein Freund Benjamin hat jetzt Anzeige gegen unbekannte Polizisten erstattet – wegen Körperverletzung im Amt .

„Wir ermitteln in dieser Sache“, sagt ein Polizeisprecher. Ob der Jugendliche sich auf der Wache eine Platzwunde am Kinn zugezogen hat – oder wie es zur Verletzung gekommen war – sei noch unbekannt. „Wir haben bei einem eine Handverletzung versorgt“, blättert er im Protokoll. „Aber das war gleich nach dem Eintreffen im Revier.“

Halb elf Uhr nachts muss es gewesen sein. Die männliche Viererbande, der jüngste 16, der älteste 19 Jahre alt, war seit Stunden biertrinkend durchs Viertel gezogen. „Was wir früher fröhlich genannt haben“, sagt Benjamins Mutter. Sie fuhr den blutenden Sohn eine Stunde später direkt von der Wache ins Krankenhaus.

„Mein Sohn ist kein Held“, sagt sie über das Sorgenkind der Familie. Der 16-Jährige war letzte Woche nicht zum ersten Mal mit der Polizei in Berührung gekommen. „Aber das eine ist, was mein Sohn nicht darf – und das andere, was die Polizei nicht darf“, sagt die Mutter. Mit vier Stichen wurde Benjamins Kinn genäht, wegen der Prellung an der Hand ist er in Behandlung. Beide Verletzungen, so der Minderjährige, haben ihm Beamte auf der Wache zugefügt. Beide Male von hinten: Den Schlag auf die Hand habe er bekommen, als er sich vor der Zelle weigerte, die Schuhe auszuziehen. Das Kinn sei an der Haustür aufgeplatzt. „Einer hat mir einen Schlag verpasst, so dass ich mit dem Gesicht gegen die Tür geflogen bin.“

Fest steht: Es war kurz vor Schichtwechsel. Der 16-Jährige sollte als letzter der Krawallgruppe das Revier verlassen, vor dem seine Freunde warteten. „An der Tür stand drücken“, erinnert sich Benjamin. Und: „Ich habe mit der Hand dagegen geschlagen.“ Er habe „nur raus“ wollen. Da sei der Schlag gekommen.

Was danach geschah, schildern das Polizeiprotokoll und die Heranwachsenden wieder übereinstimmend. „Draußen ist die Party weitergegangen“, schließt der Polizeisprecher aus seinen Unterlagen. Direkt vor dem Revier. Mit der gleichen Respektlosigkeit, mit der die jungen Männer den ganzen Abend aufgetreten seien. Die sagen: „Eigentlich hatten wir uns drinnen abgeregt. Aber als Benjamin blutig aus der Wache kam, war alles vorbei.“ Richtig ausgeklinkt seien sie. Worte wie „Bullenschweine“ seien gefallen, räumen sie ein, und dass sie „ziemlich geschrien“ hätten. Da wurden sie wieder festgenommen.

Gegen drei Uhr früh kamen die letzten frei. Benjamins Mutter war schon dagewesen. Sie erinnert sich: „Die Jungen waren unten in den Zellen sehr laut, und es hat ziemlich geklötert.“ Nur mit Mühe hätten die Polizisten der neuen Schicht den empörten Sohn beruhigt. „Wir haben damit nichts zu tun“, hätten sie gesagt, erzählt die Mutter. Und dass sie ihrem Sohn glaube. Gleiches sagt der Vater. ede