Abgeholt: Hochschulen helfen ausländischen Erstsemestern
Integration im Schnelldurchlauf
Stundenlange Irrwege vom Meldeamt zum Deutschkurs, von der Krankenversicherung zum Immatrikulationsamt wollen die Bremer Hochschulen ihren ausländischen Erstsemestern künftig ersparen: Die Uni Bremen und die Hochschulen von Bremen und Bremerhaven heißen zum Wintersemester die akademischen Greenhorns „Willkommen im Lande Bremen“.
So heißt das Programm der drei Hochschulen, mit dem sie den Neulingen die Wege verkürzen wollen. „Bevor die Vorlesungen beginnen und die Studierenden sich auf die Fachbereiche verteilen, wollen wir es ihnen erleichtern, sich hier einzuleben“, so Birgit Ganteföhr von der Hochschule Bremen.
Service vom Flughafen bis zum Wohnheim
Deswegen sollen die ausländischen Studieneinsteiger vom 1. bis zum 11. Oktober so richtig umsorgt werden: Schon am Flughafen werden sie von Mitarbeitern der Hochschulen abgeholt. An den Unis lernen sie dann an zentralen Treffpunkten andere ausländische Studierende kennen und finden Behörden und andere Ansprechpartner wie Banken und Versicherungen auf einem Fleck versammelt. Der Kameruner Paul Dayang findet das sinnvoll: „Als ich neu hier war, wusste ich gar nicht, mit welchem Schritt ich anfangen soll“, sagt der Uni-Student. Ein Kommilitone beispielsweise habe gar nicht gewusst, dass er sich anmelden musste.
Der „Newcomer Service“ versammelt nicht nur die wichtigsten Anlaufstellen an den Hochschulen, die Neuankömmlinge sollen auch erfahren, worum sie sich kümmern müssen: „Tutoren, die schon seit mehreren Jahren in Bremen studieren, werden sie mit allem vertraut machen“, so Ganteföhr. Viele kämen selbst aus dem Ausland und sprächen die Muttersprache der Neuen.
Carolina Bacelar, Studentin an der Hochschule Bremen, ist eine von ihnen. Als sie aus Brasilien hierher kam, sprach sie kaum Deutsch: „Nicht einmal einen Telefonanschluss konnte ich beantragen. Im Meldeamt habe ich stundenlang gewartet, weil ich nicht wusste, dass ich eine Nummer ziehen muss, um dranzukommen.“ Jetzt hilft sie selbst BrasilianerInnen, die in Bremen ankommen.
Mit der Uni auf Kneipentour
Auf technische Infos soll sich das Programm nicht beschränken: Die Erstsemester treffen sich an Stammtischen oder machen Erkundungstouren in die City – organisiert von den Hochschulen. Nur mit den Unterkünften hapert es noch ein bisschen: „Uns fehlen Wohnheimplätze, die meisten Studierenden müssen wir privat unterbringen“, bedauert Udo Prinz vom Studentenwerk.
Der Deutsche Akademische Austauschdienst finanziert das auf drei Jahre befristete Projekt mit 60.000 Euro. Da die Hochschulen ihren Ausländeranteil von etwa 15 Prozent weiter erhöhen wollen, werden sie diese Summe gebrauchen können. Dass deutsche Studierende eine vergleichbare Einführung ins akademische Leben bräuchten, glaubt in den Hochschulen dagegen niemand: „Wir bieten Einführungstage an, das genügt zur Vorbereitung“, so Ganteföhr. Sebastian Kretz
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen