Gysi packt die Sachen

PDS-Politiker tritt von seinem Amt als Berliner Wirtschaftssenator zurück. Privat genutzte Bonusmeilen sind der Anlass. Regierender Bürgermeister Wowereit bedauert Entscheidung

BERLIN taz ■ Der PDS-Politiker Gregor Gysi ist gestern von seinem Amt als Berliner Wirtschaftssenator zurückgetreten. Zugleich legte er sein Amt im Berliner Abgeordnetenhaus nieder und kündigte den Rückzug aus der Politik an. Er habe hinsichtlich der privaten Nutzung von dienstlich erworbenen Bonusmeilen der Lufthansa einen Fehler begangen, den er sich nicht verzeihen wolle, erklärte Gysi zur Begründung.

Zwar handele es sich dabei um „keinen Rücktrittsgrund, wenn man Moral in der Politik nicht jenseits der gesellschaftlichen Realitäten gelten lassen will“, so heißt es in seiner schriftlich verbreiteten Erklärung. Doch dass er „gedankenlos einer Fehlinformation folgte“ zeige ihm, dass er dabei sei, „so zu werden, wie ich nie werden wollte“. Er fürchte sich „vor seinen eigenen Persönlichkeitsveränderungen“.

Gysi war seit Januar Senator für Wirtschaft, Arbeit und Frauen im rot-roten Senat unter dem Sozialdemokraten Klaus Wowereit. Die PDS, die große Hoffnung mit der Regierungsbeteiligung in der Hauptstadt verknüpft, hatte während der Koalitionverhandlungen massive Schwierigkeiten, geeignete Kandidaten für die drei ihr zustehenden Ressorts zu finden. Der einzig wirklich prominente dabei: PDS-Politstar Gregor Gysi. Der hat sich jetzt ein halbes Jahr lang mit der maroden Berliner Wirtschaft rumgeschlagen. Wowereit hat den Rücktritt bedauert. „Ich muss ihn mit Respekt zu Kenntnis nehmen und bedanke mich für die fruchtbare Zusammenarbeit“, ließ er mitteilen.

Politiker der rot-grünen Bundesregierung hatten sich gestern vor Gysis Rücktritt verärgert über die Berichterstattung der Bild-Zeitung geäußert. Das Springer-Blatt hatte gestern nach Gysi und dem grünen Bundestagsabgeordneten Cem Özdemir auch dem grünem Umweltminister Jürgen Trittin und seinem Parteifreund Ludger Volmer vorgeworfen, dienstlich erworbene Flugmeilen für private Flüge genutzt zu haben. SPD-Generalsekretär Franz Müntefering erklärte, die Art, in der Bild Namen von Politikern tröpfchenweise veröffentliche, sei „Wahlkampf für Stoiber, denn systematisch werden hier und sonst CDU/CSU geschont.“

Trittin und Vollmer dementierten die Vorwürfe. Bundespräsident Wolfgang Thierse (SPD) forderte Lufthansa-Chef Jürgen Weber „dringend“ auf, Erkenntnisse über die missbräuchliche Nutzung der Bonusmeilen offen zu legen. Nur so könnten sich die Abgeordneten wehren.

SAM, LKW