Häftlinge rechtlos

Den Gefangenen in der US-Miltärbasis Guantánamo wird ein ziviler Prozess in den USA verweigert

BERLIN taz ■ Die Gefangenen im US-Lager Guantánamo auf Kuba haben keinen Anspruch auf einen Prozess in den USA. Dies entschied am Mittwoch die US-Bundesrichterin Colleen Kollar-Kotelly und wies damit die Klage der Familien von zwei britischen und einem australischen Häftling zurück. Diese hatten US-Präsident Bush und die US-Regierung verklagt und gefordert, dass die während der Militäraktion in Afghanistan gefangenen genommenen Häftlinge ihren Fall einem US-Bundesrichter vortragen dürfen.

Kollar-Kotelly begründete ihr Urteil damit, dass die Gefangenen weder US-Bürger seien noch sich auf US-amerikanischem Terretorium befänden. Außerdem sei gegen die Gefangenen keine Anklage erhoben worden, folglich stünde ihnen auch nicht das Recht auf einen Prozess zu.

Im Januar dieses Jahres waren die ersten mutmaßlichen Taliban- und Al-Qaida -Kämpfer in das Hochsicherheitsgefängnis auf dem US-Militärstützpunkt auf Kuba verlegt worden. Zurzeit sitzen dort über 560 Häftlinge ein. Die USA verweigern ihnen die Anerkennung des legalen Status von Kriegsgefangegen, der ihnen der Genfer Konvention entsprechend das Recht auf rechtlichen Beistand, einen Prozess und die Rückführung in ihr Heimatland nach Ende des Krieges zusichert. Die USA bezeichnen die Gefangenen als „unrechtmäßige Kämpfer“, da sie keiner militärischen Hierarchie zugeordnet gewesen wären. Daraus wird nun das Recht abgeleitet, die Gefangenen ohne Anklage festzuhalten und sie ohne Rechtsbeistand vor einem Militärgericht zu verurteilen.

Der Sprecher von amnesty international Deutschland, Dawid Bartelt, bedauerte das Urteil und bezeichnete die Behandlung der Häftlinge auf Guantánamo als ein klares Zeichen für das Vorgehen der USA, sich immer mehr aus der internationalen Gemeinschaft zurückzuziehen und eine Sonderstellung jenseits von Völkerrecht und Menschenrechtskonventionen zu beanspruchen.

Da sich die US-Militärbasis Guantánamo außerhalb amerikanischen Territoriums befindet, gilt dort weder die amerikanische Verfassung noch amerikanisches Miltärrecht. Mit dem Urteil, den dort Gefangenen einen Prozess zu verweigern, bestätigen die USA genau das, was ihnen von Menschenrechtsorganisationen und der internationalen Gemeinschaft vorgeworfen wird: Die Weltmacht, die für demokratische Werte und Menschenrechte stehen möchte, sieht sich ermächtigt, mit den Gefangenen auf rechtsfreiem Raum nach Belieben zu verfahren. ALENA SCHRÖDER