Wertpapier für den Osten

Hartz-Kommission will 150 Milliarden Euro in die neuen Länder pumpen und eine Million Stellen schaffen. Eichel von Hartz begeistert. Stoiber: „Ich brauche ihn nicht“

BERLIN dpa/ap ■ Die von der Bundesregierung angepeilte Reform des Arbeitsmarktes nimmt konkretere Konturen an. Der Chef der Regierungskommission, Peter Hartz, will mit einem neuen Finanzierungsprogramm vor allem in Ostdeutschland eine Million Arbeitsplätze schaffen. Mit harscher Kritik reagierte unterdessen die Union auf angebliche Pläne zur Teilprivatisierung der Bundesanstalt für Arbeit (BA).

Knapp zwei Wochen vor der Vorlage des Abschlussberichts der Kommission berichtete der Spiegel am Wochenende, Hartz wolle mit Hilfe eines neuen Wertpapiers bis zu 150 Milliarden Euro in den nächsten drei Jahren zur Schaffung von einer Million Stellen in die neuen Länder lenken. Mit dem Geld aus dem neuen Wertpapier möchte Hartz laut Spiegel den Mittelstand fördern und in strukturschwachen Regionen die Infrastruktur ausbauen. Um das Wertpapier attraktiv zu machen, sollen die Anleger steuerliche Vorteile erhalten. Zugleich solle Steuersündern die Strafe erlassen werden, wenn sie im Ausland geparktes Schwarzgeld in den „Job-Floater“ investieren.

Finanzminister Hans Eichel (SPD) begrüßte die Vorschläge. „Die innovative Finanzierungsmethode ist ein interessanter Ansatz“, sagte seine Sprecherin gestern. „Positiv ist insbesondere, dass das Problem der Arbeitslosigkeit angegangen und dabei nicht nur auf die öffentlichen Haushalte vertraut wird.“

Auch die Bundesanstalt selbst soll reformiert werden. Die Kommission möchte sie teilweise privatisieren und die Behörde nach den Vorgaben der Regierung auf ihre Kernaufgaben beschränken. Die Hannoversche Allgemeine Zeitung berichtet auf Grundlage des ihr vorliegenden Entwurfs des Endberichts, dass unter anderem „die Ausgliederung“ von BA-Teilen „in private Tochterunternehmen“ geplant sei. Diese könnten dann separat oder als Gemeinschaftsunternehmen mit der Wirtschaft geführt werden und unterlägen nicht mehr dem staatlichen Haushaltsrecht.

Bei der Förderung des Niedriglohnbereichs schlägt Hartz den Informationen zufolge vor, die Regelungen für „Mini-Jobs“ bis zu 500 Euro im Monat auf zunächst drei Jahre zu befristen. Die Mini-Job-Regelung mit einer pauschalen Steuer von 10 Prozent solle zudem „nur für haushaltsnahe Dienstleistungen (Haushaltshilfe, Kinderbetreuung) und nur für Arbeitslose“ gelten, heiße es im neuen Hartz-Papier. Beim Arbeitslosengeld wolle Hartz die Leistungen beibehalten. Auch die steuerfinanzierte Arbeitslosenhilfe „Arbeitslosengeld II“ bei Bedürftigkeit „wird unbegrenzt gezahlt“, allerdings „nur bei Verfügbarkeit für den Arbeitsmarkt“. Das soll regelmäßig geprüft werden. „Bei Nichtverfügbarkeit wird nur noch Sozialhilfe gezahlt.“

DGB-Vize Ursula Engelen-Kefer lehnte erneut eine Reduzierung der Leistungen für Arbeitslosenhilfe-Empfänger als „Provokation“ ab. „Bereits jetzt liegen ihre Leistungen um 50 Prozent unter ihrem bisherigen Nettolohn“, sagte sie dem Bremer Kurier am Sonntag.

Unionskanzlerkandidat Edmund Stoiber (CSU) ging auf Distanz zur Einschätzung von Hartz, die Vorschläge seiner Kommission seien „ein Programm für jede Regierung“. „Ich brauche ihn nicht“, sagte Stoiber. CSU-Generalsekretär Thomas Goppel kritisierte die Hartz-Pläne als „teure Planspiele“, die nur Ausdruck für die Konzeptionslosigkeit von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) seien.

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