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Rekordkredit für Brasilien

Währungsfonds hilft dem Land nun doch mit 30 Milliarden Dollar zu harschen Bedingungen. Damit sollen die Auswirkungen der Argentinienkrise begrenzt werden – auch für die reichen Länder des Nordens. Uruguay erhält ebenfalls Milliarden

von REINER METZGER

Brasilien hat gestern die höchste Kreditzusage erhalten, die der Internationale Währungsfonds jemals vergeben hat. Die Organisation stellte Südamerikas größter Volkswirtschaft am Mittwoch eine Kreditlinie von 30 Milliarden Dollar über 15 Monate in Aussicht. 80 Prozent der Summe sollen im nächsten Jahr ausgezahlt werden. Die Zustimmung des Exekutivrats, in dem die IWF-Mitgliedsländer vertreten sind, Anfang September gilt als sicher.

Damit haben sich die internationalen Finanzpolitiker doch entschieden, Brasilien massiv zu helfen. Noch vor gut einem Monat sprach sich US-Finanzminister Paul O’Neill gegen weitere Darlehen an die drei Krisenstaaten Argentinien, Uruguay und Brasilien aus. Die Länder müssten erst eine „solide Wirtschaftspolitik“ sicherstellen – was immer das heißen sollte.

Zumindest für Brasilien mit seinen 170 Millionen Einwohnern wird nun ein anderer Kurs eingeschlagen. Die Landeswährung Real hat seit April 50 Prozent an Wert verloren. Zinsen und Tilgung für die hohen Dollar-Auslandsschulden steigen damit dramatisch. Brasilien ist schon mit 250 Milliarden Dollar verschuldet. Im Jahr 2001 hatte der IWF einen Kredit von 15 Milliarden Dollar zugesagt, wovon 14 Milliarden schon abgerufen sind.

Offiziell soll Brasilien vor einem Absturz à la Agentinien bewahrt werden. Dort ist die Wirtschaft stark geschrumpft, die Arbeitslosigkeit dramatisch angestiegen. Noch unangenehmer für die internationale Finanzwelt: Argentinien zahlt seit Dezember 2001 weder Zinsen noch Tilgung seiner gut 100 Milliarden Dollar Schulden. Solche Verdienstausfälle sollen im Fall Brasilien verhindert werden.

Auch dürfte eine Verschärfung der Krise im größten Land Südamerikas den ganzen Kontinent mit sich reißen. Damit wäre auch die Konjunktur der nördlichen Industriestaaten empfindlich betroffen.

Der Riesenkredit des IWF ist wie immer an harsche Bedingungen geknüpft: Im Jahr 2003 wird von Brasilien zum Beispiel ein Haushaltsplus von mindestens 3,7 Prozent des Bruttosozialproduktes erwartet – und das mitten im konjunkturellen Abschwung, wo eigentlich die Regierung mit Investitionen die Wirtschaft ankurbeln sollte. Die in zwei Monaten neu gewählte Regierung des Landes – bei den Umfragen führen zwei als links eingestufte Kandidaten – hat also schon enge Vorgaben zu erfüllen. Immerhin: „Brasilien verfolgt eine solide, langfristige Politik“, lobte IWF-Direktor Horst Köhler am Mittwoch, „der Fonds ist bereit, jede Regierung zu unterstützen, die eine gesunde Wirtschaftspolitik verfolgt.“ Zu einer gesunden Wirtschaftspolitik im IWF-Sinne würde natürlich nicht zählen, die Bedienung der Auslandsschulden einzustellen.

Auch das Nachbarland Uruguay hat in den letzten Tagen Kreditzusagen bekommen: 1,5 Milliarden Dollar aus den USA und 500 Millionen der Interamerikanischen Entwicklungsbank IADB. Weltbank und IWF beraten über weitere Summen. Auch hier soll das Land flüssig gehalten werden, bis der Argentinien-Schock überwunden ist. In Uruguay war es zu einem Sturm auf die Bankkonten gekommen. Wie in Argentinien wurden die Bankschalter geschlossen.

Experten wie der Ex-Chefökonom der Weltbank, Joseph Stiglitz, kritisieren, dass die IWF-Kredite häufig nicht der betroffenen Bevölkerung helfen, sondern den wohlhabenden Gläubigern, ihre Schäfchen ins Trockene zu bringen (taz vom 16. April 2002).

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