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Neue Runde im Pipeline-Streit

Umweltschützer beauftragen ehemaligen Weltbank-Experten mit Gutachten über umstrittene Ölleitung in Ecuador. Hauptgläubiger WestLB hält an Kreditvergabe fest

BERLIN taz ■ Der Streit um den Bau einer Ölpipeline durch den ecuadorianischen Regenwald nimmt bizarre Formen an: Ausgerechnet auf einen Weltbank-Gutachter greifen die Umweltschützer nun zurück, wo sie die Bank doch für gewöhnlich auf der Seite der Umweltzerstörer sehen. Nun jedoch soll Umweltexperte Robert Goodland, der vor seiner Pensionierung 25 Jahre für die Weltbank tätig war, beweisen, dass die Ölleitung nicht den Umweltstandards der Bank entspricht und daher nicht finanziert werden dürfte.

Das nämlich bestreitet die nordrhein-westfälische Landesbank WestLB. Sie ist Führerin eines Konsortiums aus mehreren Banken, das dem Land Ecuador 900 Millionen Dollar Kredit und damit den Löwenanteil für den Bau der Pipeline gewährt. Die Weltbank ist nicht an der Finanzierung beteiligt. Die WestLB hat ihrerseits ein Gutachten erstellen lassen. Darin kommt die Beraterfirma Stone und Webster zu dem Ergebnis, dass das Projekt im Einklang mit den Anforderungen der Weltbank stehe.

Kein Wunder, dass das Gutachten postitiv ausgefallen ist, meint Greenpeace-Waldexpertin Sandra Pfotenhauer. „Die Ölindustrie ist einer der wichtigsten Kunden von Stone und Webster.“ Von Goodland, der im Auftrag der Umweltverbände Greenpeace, Rettet den Regenwald, Urgewald, der Entwicklungsorganisation Südwind sowie verschiedener amerikanischer und italienischer Verbände handelt, wird nun ein „ernsthaftes Gutachten“ erwartet. Michael Wilde, Sprecher der West LB, wollte dazu gestern keinen Kommentar abgeben. „Ich kenne den Auftrag nicht“, sagte er der taz.

Der Streit um das Ölförderprojekt schwelt seit Mai vergangenen Jahres. Damals genehmigte die ecuadorianische Regierung den Bau der Pipeline per Gesetz. Bauherr ist ein Konsortium von Ölfirmen aus den USA, Kanada, Italien, Spanien und Argentinien. Die Umweltschützer, darunter auch die Landtagsfraktion der Grünen in Düsseldorf, fürchten, die 500 Kilometer lange Leitung könne das hochsensible Ökosystem im ecuadorianischen Regenwald zerstören. Das Gebiet gilt als erdbebengefährdet, zudem befinden sich dort sechs aktive Vulkane. Schon die alte Ölleitung, die nun in das neue Projekt integriert werden soll, hat ihre Spuren hinterlassen. Laut der ecuadorianischen Umweltorganisation Acción Ecológica sind bei rund 40 Unfällen insgesamt 70 Millionen Liter Öl ausgetreten.

Allerdings hat die ecuadorianische Regierung gute Gründe, auf dem Bau der Pipeline zu bestehen: Das Land hat einen Schuldenberg von 16 Milliarden US-Dollar, etwa die Hälfte des Staatshaushalts fließt in Zinsen und Tilgungsraten. Um der Inflation Herr zu werden, hat Ecuador im Jahr 2000 den Dollar eingeführt. Seitdem sind Exportwaren wie Bananen so teuer geworden, dass sie keiner mehr kauft.

Das ist umso schlimmer, als Ecuador seit der Dollareinführung auf Deviseneinnahmen angewiesen ist – auch, um die Staatsschulden zu bedienen. Hier soll der Verkauf von Erdöl Abhilfe leisten. Nach Berechnungen der WestLB steigt die Förderkapaziät durch die Pipeline von 390.000 auf 850.000 Fass am Tag. Bei einem Durchschnittspreis von 15 Dollar pro Barrel Rohöl entspricht dies zusätzlichen Exporteinnahmen von 2,2 Milliarden Dollar pro Jahr.

Auch für den Internationalen Währungsfonds, einer der Hauptgläubiger des Landes, ist das ein Anreiz, den Pipeline-Bau mit einem Kredit zu unterstützen – schließlich steigen die Chancen, dass Ecuador seine Schulden rechtzeitig bedient.

Noch hapert die Unterzeichnung einer neuen Finanzspritze freilich an einer gesetzgeberischen Feinheit: Ecuador will 70 Prozent der Einnahmen aus der Pipeline in den Schuldendienst stecken, der Fonds verlangt die vollen 100 Prozent.

KATHARINA KOUFEN

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