: Ein billiges Lob für den Kampa-Chef
Gerhard Schröder bescheinigt dem SPD-Wahlkampfchef Matthias Machnig „hervorragende Arbeit“ und bestreitet, dass dieser entmachtet sei. Diese kleine Freundlichkeit kostet den Kanzler nichts – und sie lässt offen, wie Machnigs Aktien wirklich stehen
aus Berlin JENS KÖNIG
Es ist ein Satz, den sich Matthias Machnig, der SPD-Wahlkampfmanager, vermutlich einrahmen und hinter seinen Schreibtisch hängen wird. „Matthias Machnig macht seine Arbeit, und er macht sie hervorragend.“
Diese überaus freundlichen Worte stammen von Gerhard Schröder, dem Kanzler, dem SPD-Vorsitzenden, Machnigs Chef also. Er sagt sie vor laufenden Kameras, damit jeder sie hört, und er sagt sie, weil er gefragt wird, ob es stimme, dass Machnig als Leiter der Wahlkampfzentrale Kampa 02 entmachtet worden sei. Die Berichte stimmten nicht, stellt Schröder nüchtern fest, das habe er am Vormittag im SPD-Präsidium von sich aus klargestellt. Und dann folgt das Lob für Machnig.
An diesem Montagmittag tigert Machnig im Flur des Willy-Brandt-Hauses auf und ab, wie immer unruhig, wie immer mit dem professionellen Gute-Laune-Gesicht. Von wegen, er sei kaltgestellt, sagt er entspannt, an dieser Geschichte sei nichts dran. Er erzählt natürlich, ohne dass man ihn danach fragt, dass Schröder eben im Parteipräsidium alles dementiert habe. Und was Franz Müntefering betreffe, den SPD-Generalsekretär, der mit ihm angeblich über Kreuz liegen soll, mit ihm, so Machnig, habe er erst gestern Abend zwei Stunden über die Wahlkampfplanung gesprochen. „Sieht so eine Entmachtung aus?“
In der Politik ist alles möglich, ganz besonders in einer Regierungspartei, in der sich die Angst breitmacht, die Macht zu verlieren. Da wird schon jetzt vorsorglich nach Schuldigen für die Niederlage gesucht, und Machnig bietet sich als ein ideales Opfer an. Die Umfragewerte der SPD stehen schlecht, der Wahlkampf läuft schleppend, die ursprüngliche Strategie der Kampa, Stoiber als rechten Spalter hinzustellen, ist gescheitert – an all dem ist Machnig mit schuld.
Dazu kommt sein kühles, technisches Politikverständnis. Machnig hält prinzipiell alles und jeden in der Politik für planbar: die Themen, die Gegner, die Kontroversen. Gerade damit aber kann ein Instinktpolitiker wie Schröder wenig anfangen. Der Kanzler hat jetzt die Witterung aufgenommen und glaubt, mit einem bodenständigen, ruppigen Wahlkampf gegen Kriegstreiber und Kapitalistenknechte den Sieg doch noch aus dem Feuer reißen zu können. Außerdem hat sich Machnig mit seiner persönlichen Art wenig Freunde in der SPD gemacht. Er ist intelligent, ideenreich und glaubt, im Zweifel alles besser zu wissen. So hat er der SPD in Nordrhein-Westfalen einen Entwicklungshelfer auf den Hals gehetzt – sehr zur Freude der Genossen dort.
All das ist ein idealer Nährboden für Anti-Machnig-Geschichten. Die kann man sich in der SPD an jeder Ecke abholen. Die jüngste steht jetzt im Spiegel. Aus all der Kritik an Machnig liest das Blatt heraus, dass Machnig als oberster Kampagnenplaner kaltgestellt worden ist. Schröder und Müntefering würden jetzt alles selbst in die Hand nehmen. Dass das in der SPD und im Kanzleramt alle dementieren – geschenkt. Dass Schröder Machnig demonstrativ lobt – das ist bestenfalls bemerkenswert, weil Schröder nicht gerade in dem Ruf steht, ein Freund des Kampa-Chefs zu sein. Aber auch das Lob sagt nichts darüber aus, wie Machnigs Aktien im Kanzleramt gerade stehen.
Einen Beschluss zur Kaltstellung des Wahlkampfmanagers gibt es nicht. An allen Beratungen nimmt er weiter teil. Aber dass Schröder und Müntefering die Wahlkampfplanung mehr an sich gezogen haben, davon darf man beim momentanen Zustand der SPD getrost ausgehen. Man muss das nicht als eine Entmachtung Machnigs ansehen. Aber ganz falsch liegt man damit vermutlich auch nicht.
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