PDS uneins im Wahlkampf

Daniel Cohn-Bendit und Werner Schulz von den Grünen redeten Luc Jochimsen und Florian Havemann von der PDS bei einer Podiumsdiskussion an die Wand

FRANKFURT taz ■ Man muss die Grünen nicht mögen. Aber dass sie mit Daniel Cohn-Bendit einen eloquenten und stimmgewaltigen Europapolitiker vorweisen können, mussten am Dienstagabend auch die Freunde der Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS) konstatieren. Im bis auf den letzten Platz gefüllten legendären Frankfurter Theatersaal Titania, in dem Rosa Luxemburg schon 1913 vor einem „Krieg in Europa“ warnte, spielte Cohn-Bendit seine direkte Kontrahentin von der PDS-West, Luc Jochimsen, ausgerechnet am 41. Jahrestag des Mauerbaus an die Wand. Als dann auch noch der ostdeutsche Bundestagsabgeordnete der Grünen, Werner Schulz, die Annäherungsversuche von Florian Havemann (PDS-Ost) scharf zurückwies, war das Desaster für die PDS fast perfekt.

Havemann hatte wiederholt die „Einheit aller Linken“ beschworen. Schulz warf Havemann vor, mit seiner Kandidatur für die SED-Nachfolgepartei PDS das Andenken an seinen verstorbenen Vater, den DDR-Dissidenten Robert Havemann, „in den Schmutz getreten“ zu haben. Havemann, der sich ansonsten Mühe gab, in der Rolle des Enfant terrible zu brillieren, verbat sich diese „groben Beleidigungen“. Dafür sei er nicht zu dem von Franz Alt moderierten Streitgespräch an den Main gereist.

Wofür aber dann? Auf die konkreten Fragen von Alt – etwa nach politischen Entwürfen zur Gestaltung der Zukunft oder auch nach Modellen für eine neue Weltordnung kurz vor einem möglichen Krieg gegen den Irak – antwortete er ausweichend. Ihm gehe es aktuell um die „Bekämpfung der Gefahr von rechts“. Zum Irak könne er nichts sagen. Er habe schließlich nicht denselben Informationsstand wie der Bundeskanzler. Ohnehin würden doch die US-Amerikaner, die nach der Weltherrschaft strebten, machen, was sie wollen.

Luc Jochimsen, ehemalige Chefredakteurin des Hessischen Rundfunks, probte dagegen den Schulterschluss mit dem Bundeskanzler und forderte einen „deutschen Sonderweg“. Der Kanzler, freute sich Jochimsen, sei mit seiner Haltung gegen eine Intervention der Nato im Irak „endlich auf PDS-Linie eingeschwenkt“. Das sei doch „alles Unsinn“, fiel ihr ausgerechnet PDS-Kandidat Havemann ins Wort. Schröder sei „da ganz von selbst draufgekommen“. Ratlosigkeit bei Jochimsen. Und im Auditorium knirschten die Anhänger der PDS hörbar mit den Zähnen. Entwürfe für die Zukunft hatte Jochimsen dann auch nicht zu bieten. Man müsse „zurückblicken auf das, was gut war“; und dann daran festhalten, wie etwa an der „sozialen Gerechtigkeit“.

Leichtes Spiel für die Grünen. Nicht eine einzige neue Idee habe die PDS in den jetzt mehr als zehn Jahren ihrer Existenz entwickelt, spottete Schulz: „Die PDS ist doch eigentlich nur eine zu groß geratene Selbsthilfegruppe.“

Erst Daniel Cohn-Bendit ging konkret auf die Fragen von Franz Alt ein. Der Europaabgeordnete der französischen Grünen will hart daran arbeiten, dass Europa bald zum „Gegenprojekt zur Globalisierung ohne Steuerung nach Art der US-Amerikaner“ wird. Dazu brauche die EU aber schnell eine neue Verfassung, „orientiert an den Maximen soziale Gerechtigkeit und ökologische Vernunft“. Auch im Konflikt mit dem Irak müsse Europa rasch eine einheitliche Haltung entwickeln. Einen deutschen Sonderweg dürfe es nicht geben. Alleine auf der Grundlage verworrener CIA-Meldungen dürfe die Nato keinen Krieg gegen Saddam Hussein beginnen. Auch sei die Opposition im Irak noch nicht in der Lage, das Land zu regieren. Cohn-Bendit: „Es gibt keine strategische Perspektive.“ Luc Jochimsen konnte da nur noch beifällig nicken.

KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT