: Von Sachsen bis Schleswig-Holstein und Hamburg
Weitere Bundesländer bereiten sich auf Flutwelle vor. Der Hochwasserpegel in Dresden steigt erneut. Dammbruch beim Chemiegebiet Bitterfeld
BERLIN taz ■ In Dresden stand der Hochwasserpegel gestern Morgen bei 7,90 Meter und stieg bis 12 Uhr mittags auf 8,02 Meter. Bis zum Freitagmorgen erwarteten die Behörden einen Stand von 8,70 Metern. Sie warnten die Einwohner in den Stadtteilen Gohlis und Laubegast, die schon in ihre Häuser zurückgekehrt waren: es drohe Lebensgefahr. Einer solchen Wassermenge könnten die Deiche nicht standhalten. Sie seien nur für eine Höhe von acht Metern ausgelegt.
Der Dresdner Hauptbahnhof steht weiter im Wasser, Strom- und Wasserversorgung sind unterbrochen, Brücken nicht mehr passierbar und die Lebensmittelversorgung gefährdet. Weiteren Ortsteilen bis Riesa droht die Überschwemmung.
Die aus Tschechien kommende neue Flutwelle der Elbe hatte die Situation im Süden Sachsens wieder verschärft. Sie riss Autowracks und Müllcontainer mit sich. Baumstämme rasten wie Geschosse in Häuserwände, zerstörten im Dresdner Stadtteil Friedrichstadt ganze Fassaden.
In der Nacht zum Donnerstag und gestern Morgen wurden zahlreiche Dresdner Krankenhäuser geräumt, die Patienten mit Bundeswehrflugzeugen nach Leipzig und Berlin transportiert.
Über 20.000 Menschen sind in Sachsen inzwischen evakuiert worden. Zahlreiche kleinere Orte im Südosten Deutschlands stehen unter Wasser. Auch die Stadt Meißen ist überflutet, ein Teil der Produktionsanlagen der Porzellanmanufaktur sind zerstört.
Das Hochwasser strömt weiter nach Norden und erreichte gestern auch Sachsen-Anhalt. Alarm ist inzwischen stromaufwärts in Brandenburg, Schleswig-Holstein, Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern ausgerufen worden.
In Magdeburg herrscht seit gestern Katastrophenalarm. Dort wird das Wasser noch bis morgen weiter steigen. Hilfskräfte versuchen, einen zwölf Kilometer langen Deichabschnitt zu erhöhen. Auch in Dessau wurde teilweise evakuiert. Die Entwarnung am Elbe-Nebenfluss Mulde bei Dessau, an deren Ufer das Chemiegebiet Bitterfeld liegt, könnte verfrüht sein. Dort ist ein Deich auf einer Strecke von 500 Metern abgerutscht und Wasser in eine Braunkohle-Tagebaugrube eingebrochen. Experten fürchten einen Rückstau des Flüsschens, wenn das Elbhochwasser seinen Höchststand erreicht. Bitterfeld ist inzwischen vollständig geräumt worden.
In Mühlberg im Süden Brandenburgs sind die Einwohner gestern ebenfalls zum Verlassen ihrer Häuser aufgefordert worden. Dort stieg die Flut innerhalb von wenigen Stunden dramatisch an.
Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) sieht den Höhepunkt des Elbhochwassers für sein Bundesland in der Prignitz nordwestlichvon Berlin voraus, wo das Wasser zum Wochenbeginn erwartet wird. Voraussichtlich müsse die Stadt Wittenberge mit mehr als 20.000 Einwohnern dann ebenfalls geräumt werden. Insgesamt sind in dieser Region 46 Orte betroffen.
Zum Wochenbeginn erwartet auch Hamburg eine Rekordwassermenge in der Unterelbe. 4.000 Kubikmeter Wasser pro Sekunde werden, schätzt das Amt für Wasserwirtschaft, die Geesthachter Staustufe passieren. Normal seien im Sommer 800 Kubikmeter. Das Amt geht aber davon aus, dass die Stadt nicht gefährdet ist. Der Wasserstand der Elbe werde „nur unwesentlich“ steigen.
In Bayern gingen die Wasserstände der Donau gestern langsam weiter zurück. Aufräumarbeiten haben auch in der tschechischen Hauptstadt Prag begonnen. Dort war das Wasser am Mittwochabend nur wenige Zentimeter unterhalb der Barrieren zum Stillstand gekommen, die die historische Altstadt schützen. Dennoch wurden unzählige Keller historischer Bürgerhäuser und auch des Nationaltheaters überflutet. HEIDE PLATEN
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen