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Nachhaltig in 50 Sekunden

Studenten präsentieren Werbespots. Verzicht als wahre Form des modernen Lifestyles in Kinos und auf dem Weltgipfel in Johannesburg. Aufbaustudium Nachhaltigkeit?

BERLIN taz ■ Wie erklärt man Nachhaltigkeit in 50 Sekunden? Via Werbespots, meinen 28 StudentInnen und junge Berufstätige aus dem Umwelt-, Kommunikations- und Filmbereich. Sie präsentierten am Donnerstag in der Akademie der Künste in Berlin ihre visualisierten Antworten. Drei sind es an der Zahl, die das Lernprojekt „Nachhaltiger Filmblick“ in den letzten sechs Monaten mit Hilfe der Projektleiterin Irmela Bittencourt und des Regisseurs Albert Heiser konzeptioniert und produziert hat.

Um den sperrigen Begriff der nachhaltigen Entwicklung mit Leben zu füllen und vor allem jüngeren Menschen näher zu bringen, greift man auf die Waffen des Gegners zurück – nämlich der Werbemaschinerie der Industrie, die ja oft nicht Langlebiges, sondern schnell Neues verkaufen will. Coole Musik, gut aussehende junge Menschen, schnelle Schnitte. Moderne Werbekommunikation also.

Anders als die industrielle Konkurrenz propagieren die Macher mit ihren 50-sekündigen Filmen jedoch das Gegenteil von Konsum: Verzicht als die wahre Form des modernen Lifestyles. Dafür werden auch schon mal Werbebotschaften uminterpretiert. Im Spot „Slogans“ erhält der junge Mann mit dem tätowierten Rücken das Etikett „Think different“, weil er nackt über die Shoppingmeile flaniert anstatt sich der kurzfristigen Befriedigung des Kaufrausches hinzugeben.

„Freude am Fahren“ hat eine junge Frau, die nicht im deutschen Markenauto am Verkehrskollaps mitwirkt, sondern galant mit dem Fahrrad am Stau vorbeifährt. „Reclaim your Brain“ heißt es bei „Slogans“ am Schluss, eine Aufforderung, sich gegen den Markenwahn zu wehren und langfristige Werte über den Konsumterror zu stellen.

„Den Beteiligten ging es um die Entwicklung einer Ästhetik, die der Werbung und den Videoclips gegen den Strich bürstet“, sagt Ralf Fücks von der Heinrich-Böll-Stiftung, die das Projekt unterstützt und begleitet. Um nicht nur in den deutschen Kinos, wo alle drei Filme laufen werden, für Aufsehen zu sorgen, wird „Slogans“ von der Stiftung mit nach Johannesburg genommen, um dort vor internationalem Publikum gezeigt zu werden.

Laut Ralf Fücks bilden „Nachhaltigkeit, Politik und Kunst ein magisches Dreieck“, aus dem – so wünschen es sich die Teilnehmer des Pilotprojekts – irgendwann einmal der Aufbaustudiengang „Kommunikation für Nachhaltigkeit“ hervorgehen soll.

Vielleicht sehen die Kinozuschauer in den nächsten Wochen die ersten 50 Sekunden eines neuen Zeitalters der Aufklärung. Der Bedarf an vereinfachten Erklärungen für komplexe Zusammenhänge ist zweifellos bereits jetzt vorhanden und der Paradigmenwechsel in Richtung Nachhaltigkeit ist von größter Wichtigkeit. Nur ob dieses neue Berufsfeld auch bei Wirtschaft und Industrie Anklang findet, ist fraglich. Denn falls das gesellschaftliche Umdenken ausbleibt, wird es auch kein ökonomisches Umdenken geben.

LUKAS-CHRISTIAN FISCHER

Weitere Infos:www.nachhaltiger-filmblick.de

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