: Spucke gegen Gewalt
Innenbehörde präsentiert neues Konzept zur Bekämpfung der Jugendkriminalität. Zentrale Datenbank mit DNA-Proben geplant
von ELKE SPANNER
Dass gerade Steilshoop eines Tages zum Vorbild für andere Stadtteile werden könnte, hätte vor wenigen Jahren sicher niemand für möglich gehalten. Seit 1999 aber ging die Anzahl dort begangener Straftaten zurück. Hatte die Polizei vor drei Jahren noch Kenntnis von 185 Straßenrauben, waren es im vorigen Jahr noch 87.
Die Erfahrungen des dortigen Polizeireviers sind deshalb in das neue Konzept der Innenbehörde zur Bekämpfung der Jugendkriminalität eingeflossen, dass Senator Ronald Schill und Polizeipräsident Udo Nagel gestern vorgestellt haben.
Die Erfolge in Steilshoop wurden in einer Zeit erzielt, in der das rot-grüne Anti-Raub-Konzept umgesetzt worden war. Das wird jetzt durch Maßnahmen abgelöst, die laut Polizeipräsident Nagel deliktübergreifend bei allen „Intensivtätern“ angewandt werden sollen: Konsequent wird sich die Polizei bemühen, für diese Haftbefehle zu erwirken. Das habe sich in Steilshoop bereits bewährt, denn „das spricht sich schnell herum“, sagt Joachim Schwanke vom Revier in Bramfeld/Steilshoop. Außerdem stellt die Innenbehörde bei der Jugendkriminalität auf das Wohnortprinzip um, so dass für „Intensivtäter“ künftig das Revier am Wohnort des Täters und nicht länger das am Tatort zuständig ist. So sollen die Akten eines Täters möglichst stets auf dem gleichen Schreibtsich landen. In den einzelnen Polizeikommissariaten wird die Jugendsachbearbeitung verstärkt, zunächst 34 Beamten werden sich darauf konzentrieren.
Die Polizei wird eine Datenbank einrichten, in der alle Daten von delinquenten Jugendlichen gesammelt werden. Die einschneidendste Maßnahme dürfte sein, dass von allen „Intensivtäter“ DNA-Proben genommen werden, also auch genetische Informationen in der Datenbank gesammelt werden. Das betrifft nicht nur Jugendliche, die eine Körperverletzung, einen Raub oder ein anderes Gewaltdelikt begangen haben, sondern auch diejenigen, die beim Sprayen erwischt worden sind. Im Zuge des neuen Konzeptes wurde eine neue Definition von „Intensivtäter“ verfasst. Als solche gelten Jugendliche, die innerhalb von 12 Monaten zwei Mal bei einer Gewalttat oder einem Delikt von „ähnlichem Ausmaß“ angetroffen worden sind. Darunter fällt laut Nagel auch das Sprühen von Graffiti.
Die Polizei will noch ein „Schulschwänzer-Programm“ erarbeiten. In der Schule blau zu machen ist laut Nagel oft der Einstieg in eine kriminelle Karriere. Gedacht wird nun auch an Absprachen mit Kaufhäusern, zu Schulzeiten Geräte mit beliebten Computerspiele abzuschalten.
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