: Der Club der toten Bildhauer
Auf den Spuren von Michelangelo, Boy-Groups und Mönchen: Sebastian Schweikert hat tonnenweise Stein für das Gerhard Marcks Haus rangekarrt
Triptychen kennt Sebastian Schweikert aus dem Kloster: 3,5 Jahre unter Benediktinern in Maria Laach, dann in Rom, dann die Flucht an den Strand. Geblieben sind von all dem Männergestalten, in Stein gehauen, manchmal dreigeteilt. Und ein Bildhauer, der Triptychen in Stein „vielleicht neu erfunden hat“.
12 Tonnen hat Schweikert jetzt vor das Gerhard Marcks Haus gekarrt, wo Mittwochabend sein „Buanarotticlub“ eröffnet wurde. 12 Tonnen liegender Untersberger Mamor. Selbst gehauen und dann mit Presslufthammer und allen möglichen Werkzeugen traktiert. Bis am Ende bratpfannengroße Kniescheiben herauskamen, ganze Hügel voll Schulterblätter. Ein Liegender, so groß, dass Schweikart mehr von Architektur spricht als von Skulpturen. Und so schwer, dass LKWs und Kräne zum logistischen Aufwand beim Transport gehören.
Ohnehin scheut der 35-Jährige keine Größen-Vergleiche. Das (titelgebende) Ensemble im Hof hat Schweikert lässig „Buonarotticlub“ getauft. Benannt nach jenem Menschen, der unter seinem Vornamen besser bekannt ist: Michelangelo.
Doch mit Renaissance hat Schweikert nicht viel am Hut. Lieber will er Boygroups ansprechen, Generationen, die sich sonst nicht in Museen verirren. Mit einer Steinkunst, die improvisiert und gebrochen wirkt. Und mit Oberflächen, auf denen sich der Bildhauer ausgetobt hat: Kreise, Furchen, Löcher, Schlangenlinien. Wie ein Bild auf Statue, wirkt das. Wie ein Widerspruch aus federleichten Ornamenten auf tonnenschweren Steinbrocken.
Althergebracht ist dafür der Aufwand. Vier Jahre hat der Wiener Künstler an dem Liegenden gemeißelt. Und ganz lassen kann er von seinen Werken wahrscheinlich nie. Noch am Morgen, bevor er den LKW auf die Reise geschickt hat, flog wieder der Schutt. „Steinfigur in Arbeit“ heißt eines seiner Ausstellungsstücke, was wörtlich zu nehmen ist. Würde man diese Skulpturen in zehn Jahren noch einmal ausstellen – man würde man einige nicht wieder erkennen.
Aber auch das hat was mit Schweikerts Geschichte zu tun, die als Sprayer begann. Jetzt haut er Graffiti in Stein, die zwar wuchtig sind, aber immer noch vergänglich. Dorothee Krumpipe
„Der Buonarotticlub“ ist noch bis zum 20. Oktober im Gerhard Marcks Haus zu sehen.
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