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Volkspark Friedrichshain

Mit dem Volkspark Friedrichshain ist das so eine Sache. Lange Zeit waren es die Baustellen, Bagger und Bauzäune, die angenehmes Flanieren, wie man es im Landschaftspark liebt, unmöglich machten. Jetzt sind die Baustellen weg, Flanieren geht aber immer noch nicht. Dazu ist diese Sorte Park aber auch gar nicht gemacht. Im Gegenteil: Beim Volkspark-Gedanken ging es seit Mitte des 19. Jahrhunderts, als die Ersten von ihnen angelegt wurden, nicht um Kontemplation, sondern ganz didaktisch darum, dem Bürger Erholung von seinen Geschäften durch körperliche Ertüchtigung aufzuzwingen.

In diesem Sommer hat nun ein neuer Abschnitt des Volksparks Friedrichshain, der lange renoviert wurde, wieder aufgemacht. Hier, im nordwestlichen Zipfel, wo sich einmal ein Schwimmbad befand, hätte Schönes entstehen können. Aber nein. Anstatt einfach mal eine große Wiese anzulegen, wo man den Blick hätte schweifen lassen können, eine Wiese, auf der Hunde, Ball- und Frisbeespieler, Bongotrommler und Griller verboten sind zum Beispiel, hat man die unselige Tradition des Volksparks fortgesetzt.

Aber eigentlich scheint das hier niemanden zu stören. In der Mitte, einem Platz mit Sandloch, stehen die Leute Schlange, um Volleyball spielen zu dürfen. Die Rennbahn außen rum ist unpassierbar, zu groß die Gefahr, von schönen, jungen Menschen auf Inlineskatern überrollt zu werden. Und weiter hinten befindet sich sogar überdimensionales Geröll, auf dem sehnige Männer in voller Bergsteigermontur „freeclimben“.

Fehlt nur noch, dass sich diese jungen Urbaniten Zelte aufbauen und Ravioli aufwärmen. Aber das wäre ihnen wahrscheinlich auch schon wieder viel zu altmodisch.

SUSANNE MESSMER

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