: Kampf mit den Pommes-Mogulen
Durch Firmenfusionen erreicht die Globalisierung auch die heile Welt von Idaho: Dort kämpft, wie eine Doku von Christoph Corves und Delia Castiñeira zeigt, ein Farmer um die Verwirklichung seines amerikanischen Traums
Mit gerade mal 21 Jahren wanderte Wulf 1955 vom hessischen Odenwald aus in die USA. Farmer zu werden, war seine Motivation sowie sein Ziel, und in Deutschland reichte ihm der Platz nicht aus. In Idaho wurde er sesshaft. Das Filmteam Christoph Corves und Delia Castiñeira von der Dokufaktur Kiel begleitete Wulf und seine Familie in den Jahren zwischen 1997 und 2001 und dokumentiert in seinem Film Ein Traum von Amerika die Schwierigkeiten, aber auch die schönen Seiten des Farmerlebens. Der Zuschauer erfährt, durch Berichte von Familienangehörigen und Freunden angereichert, die Lebensgeschichte des unbeugsamen Farmers – und erhält einen Einblick in den Anbau und Vertrieb von Kartoffeln.
Idaho, von der Fläche her in etwa so groß wie Deutschland, beherbergt nur 1,2 Millionen Menschen, was einer Bevölkerungsdichte von sechs Einwohnern pro Quadratkilometer entspricht. Nach seiner Ankunft gründet Wulf zusammen mit seiner Frau eine Familie. Sechs Kinder bekommt das Paar, mit denen es jeden Tag auf den Feldern arbeitet.
Das Land, das Wulf langsam zusammenkauft, liegt in unwirtlicher Umgebung: Jedes Jahr aufs Neue müssen er und seine Familie schwere Steine von den Feldern auflesen. Ohne Bewässerungsanlagen wächst hier nichts. Wulf indes lässt sich von diesen Schwierigkeiten nicht beirren. 1997 ist er stolzer Besitzer von 1200 Hektar Land, auf dem er Kartoffeln und Weizen anbaut.
Der Anbau von Kartoffeln lockt zunächst durch seine hohen Gewinnquoten: In Idaho werden rund ein Drittel aller US-amerikanischen Kartoffeln angebaut. Auch wenn der kostspielige Anbau den Farmern meist mit Krediten vorfinanziert werden muss, konnten doch zeitweilig Gewinne von bis zu sechs Dollar pro Zentner erzielt werden.
Dann jedoch kam es in den 80er und 90er Jahren zu einer beispiellosen Fusionswelle der Pommes-frites-Fabrikanten, den Hauptabnehmern für Kartoffeln. Heute existieren nur noch vier Herstellerfirmen (ConAgra, Nestlé Foods, MacCains und Simplot), die durch eine rigorose Preispolitik die Kartoffelpreise in den Keller beförderten.
Auch Wulf musste in den vergangenen Jahren durch die sinkenden Preise immer größere Einschränkungen hinnehmen, und während sich seine Familie weiter vergrößert und gedeiht, kann er die Aussat der nächsten Ernte nur durch einen Kredit seiner Bank finanzieren – oder seine Farm verkaufen, wie bereits viele seiner Nachbarn.
Beide Filmemacher der Dokufaktur, die sich mit engagierten Reportagen kritisch mit der Agrarindustrie vornehmlich in Nord- und Mittelamerika auseinander setzt, werden bei der Vorführung ihres Films anwesend sein. Weitere Informationen unter www.dokufaktur.de.
Corinna Kahl
Do, 20 Uhr, Lichtmeß
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