: Labours enttäuschter Warner
Zum letzten Mal leitet John Monks, Blairs Arm in der Arbeiterbewegung, den Kongress der britischen Gewerkschaften
Lange her scheint heute die Zeit in den 90er-Jahren, als John Monks als Generalsekretär des britischen Gewerkschaftsdachverbandes TUC (Trades Union Congress) die Erneuerung der britischen Labour-Partei mitprägte. Von einer Arbeiterpartei ist bei Labour nicht mehr viel geblieben, und zum gestern begonnenen TUC-Jahreskongress ist von Eintracht zwischen Partei und Gewerkschaften auch nicht viel zu spüren. Da passt es, dass es Monks’ letzter TUC-Kongress als Generalsekretär sein wird. Im kommenden Mai wird der in Manchester geborene 57-Jährige Generalsekretär des Europäischen Gewerkschaftsverbandes.
Es ist für Monks ein ungünstiger Zeitpunkt zum Abschied. Vizegeneralsekretär des TUC seit 1987 und Nummer eins seit 1993, war der gelernte Elektriker und Ökonom immer ein verlässlicher Verbündeter von Blair und „New Labour“. Er schraubte den Einfluss linker Basisaktivisten zurück und sorgte dafür, dass die 1997 gewählte Blair-Regierung wie in alten Zeiten von einer engen Allianz zwischen Partei- und Gewerkschaftsbürokratie profitieren konnte. Unter seiner Amtszeit endete der Niedergang von Einfluss und Mitgliedszahl der britischen Gewerkschaften, der die konservative Ära Margaret Thatchers und John Majors von 1979 bis 1997 geprägt hatte.
Aber nach Blairs Wiederwahl 2001 brachen für Monks schwerere Zeiten an. Der von ihm erhoffte Beitritt Großbritanniens zum Euro rückte wieder in weite Ferne. Stattdessen rückte die „Modernisierung“ – also Teilprivatisierung – der öffentlichen Dienste nach oben auf der Tagesordnung, und dass Monks zusammen mit allen Gewerkschaftsführern dagegen war, stellten Teile der Regierung plötzlich als Störmanöver dar. Vergeblich warnte Monks vor einer Entfremdung zwischen Basis und Führung in der Partei: Labour drohe „auszubluten“, wenn es sich von den Gewerkschaften abwende, sagte er. Zu einer Klärung des Streits kam es nicht. Am Tag vor einer geplanten Schlüsselrede Blairs beim letzten TUC-Kongress 2001 fiel das New Yorker World Trade Centre zusammen. Blair sagte seine Rede ab und die Gewerkschaften wurden vorerst irrelevant.
Im März kündigte Monks seinen Rücktritt an, während allenthalben eine neue Generation junger, linker Aktivisten an die Spitze der Gewerkschaften aufrückte. Sie haben jetzt auch dafür gesorgt, dass der diesjährige TUC-Kongress politisiert ist wie seit langem nicht: Eine Debatte zu einem möglichen Irakkrieg wurde extra von Mittwoch auf gestern Nachmittag vorgezogen, um nicht von Blairs für heute angesagter Rede beeinflusst zu werden. Sollte der TUC einen Krieg ablehnen, hätte Blair eine wichtige Stütze verloren.
Im Sinne von Monks ist das nicht. „An erster Stelle in der Tagesordnung der Gewerkschaften ist die Rentenkrise“, versuchte er am Wochenende in seiner Auftaktpressekonferenz abzulenken. Der Wochenzeitschrift New Statesman hatte er zuvor dargelegt, warum auch er gegen einen Krieg ist: Die neue Militanz der Gewerkschaften könnte eher geschürt werden.
Eine Anti-Blair-Stimmung auf dem TUC-Kongress wird er nicht billigen, aber auch nicht verhindern. Seine Freunde meinen, privat fühle er sich verraten und verletzt – wie so viele von Blairs Mitstreitern der ersten Stunde. Monks ist einer der wenigen, der daraus die Konsequenz zieht.
DOMINIC JOHNSON
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