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italienAbmahnung für die Opposition

In Italien waren am Samstag mehr als 500.000 Menschen auf der Straße. Keine Partei hatte sie gerufen, im Gegenteil: Sie kamen aus Unzufriedenheit mit den eingesessenen Parteien. Ist das die Antwort auf Silvio Berlusconi? Eine neue organisatorischer Ausdrucksform? Eine linke Bewegung, die von Antipolitik lebt, von Parteienverdruss und dem Willen der Zivilgesellschaft, sich neue Führungskräfte aus dem wirklichen Leben zu schaffen statt aus den Palazzi der Macht?

Kommentar von MICHAEL BRAUN

Die Analogie zum politischen Aufstieg Berlusconis aus den Trümmern der alten Regierungsparteien der Ersten Republik der Christdemokraten und der Sozialisten wird dieser Tage gern bemüht, wenn es um die Einschätzung der neuen Protestbewegung geht. Tatsächlich besticht der Vergleich auf den ersten Blick: Enttäuschte, ja wütende Wähler warteten offenbar auch auf der italienischen Linken nur auf ein Signal, um sich in Bewegung zu setzen. Eigene, neue Helden haben sie auch schon, Helden die nicht aus der Politik stammen: den Regisseur Nanni Moretti, den Universitätsprofessor Pancho Pardi, den Gewerkschaftsboss Sergio Cofferati.

Und doch wird keine Forza Italia von links entstehen. Die neue Bewegung etabliert sich nicht gegen die bestehenden Oppositionsparteien, sondern zuerst und vor allem gegen die regierende Rechte und gegen deren Chef. Berlusconis Politik ist der Kitt, der Oppositionelle aller Schattierungen auf die Straße treibt. Und ihre Beweggründe sind nicht antipolitische, populistische Reflexe. Vielmehr scheinen da Musterschüler aus dem Staatsbürgerkundeunterricht zu demonstrieren: Worte wie „Legalität“, „Demokratie“ oder „Gleiches Recht für alle“ waren die zentralen Slogans der Protestierer.

Entsprechend fällt die Kritik an den Oppositionspolitikern aus. Denen wird eben nicht etwa vorgeworfen, dass sie „Berufspolitiker“ sind – Berlusconi würde „Politikaster“ sagen –, sondern einfach, dass sie den Job schlecht machen, für den sie gewählt wurden. Die neuen Helden der Protestbewegung wollen nicht an die Stelle der linken Politiker treten, sondern diesen auf die Finger schauen. Die Protestler haben der Opposition nicht gekündigt, sondern einstweilen nur eine Abmahnung zugestellt. Das mag ungemütlich sein für Francesco Rutelli, Piero Fassino und Massimo D’Alema. Wenn die Oppositionsführer aber die Motive des Protests und des Ärgers aufnehmen, dann wird es für einen ganz anderen ungemütlich: für Silvio Berlusconi.

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