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Nicht nur Kopfweh nach dem Knall

Nach dem Zugunglück in Niedersachsen: 371 Menschen wegen Vergiftungsanzeichen in ärztlicher Behandlung

BERLIN taz ■ Der Kopf schmerzt und die Atemwege sind gereizt: Nach der Explosion eines Kesselwagens beim Zugunglück in Bad Münder sind 371 Menschen mit möglichen Vergiftungserscheinungen in ambulanter Behandlung. Das berichtete das Gesundheitsamt in Hameln.

Vor einer Woche waren zwei Güterzüge frontal zusammengestoßen und ein Kesselwagen mit dem Krebs erregenden Epichlorhydrin explodiert. Dabei entstanden giftige Gase.

Zwar haben Spezialisten den Giftstoff am Sonntagabend vollständig aus dem Waggon abgepumpt, mit Ergebnissen aus bisherigen Bodenproben rechnet man jedoch erst Mitte der Woche.

Erst dann könne entschieden werden, ob und wie viel Erdreich die Bahn ausgebaggern müsse, sagte Bahnsprecher Hans-Jürgen Frohns. Wann die Züge auf der Strecke wieder regulär fahren werden, hänge ebenfalls von den Ergebnissen ab.

Mit den Bergungsarbeiten hat die Bahn gestern begonnen. Sie untersuchte bisher den Gleiskörper.

Währenddessen hat das Gesundheitsamt in Hameln alle Bürger, die sich krank fühlen, zu einer Blutuntersuchung aufgerufen. Diese Proben sollen aber vorerst nur Standardtests unterzogen und für spätere Analysen eingefroren werden.

Am Wochenende haben sich bereits 420 Feuerwehrleute und Rettungskräfte Blut abnehmen lassen. Die Auswertung dauert noch an.

Welche gesundheitlichen Folgen die Chemikalie Epichlorhydrin für den Menschen hat, darüber sind sich Experten uneinig. Während die Gesundheitsbehörde Spätfolgen bisher nicht ausschließen kann, ist es nach Aussage eines Toxikologen von der Medizinischen Hochschule Hannover „eine Frage der Dosis“. Er rechnet nicht mit einer langfristigen Gefahr. Unter freiem Himmel könnten die Stoffe keine Besorgnis erregende Konzentration erreichen. Kopfschmerzen und Atembeschwerden klängen nach kurzer Zeit ab. Auch im Boden halte sich das Gift nicht lange.

Epichlorhydrin dient als Ausgangsstoff in der Herstellung von Kunststoff und reizt Haut und Schleimhäute stark. Vor allem schädigt es Nieren und Nerven. Beim Einatmen über längere Zeit können sich Augen und Lunge entzünden.

Die Waggons waren am vergangenen Montagabend zusammengestoßen, weil die Bremsen eines Zuges versagt haben. Dies teilte das Eisenbahn-Bundesamt mit. Wie es dazu kommen konnte, ist noch unklar.

SUSANNE LANG

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