: U18 wählt: Schwarz-Gelb unter 30 Prozent
„Alles andere als eine Spaßwahl“: Der Berliner Verein Kumulus hat erstmals Bundestagswahlen für Schüler organisiert. Hohe Wahlbeteiligung unter den 70.000 Wählerinnen und Wählern. Klare Mehrheit für Rot-Grün
Mit den ersten Junior-Bundestagswahlen hat es der Berliner Verein Kumulus deutschen Jugendlichen ermöglicht, sich an der politischen Willensbildung zu beteiligen, zumindest virtuell. 70.000 Schüler zwischen 13 und 19 Jahren waren aufgefordert, ihr Kreuz zu machen. Die Wahlbeteiligung lag bei knapp 86 Prozent, und siehe da: die Jugend wählt rot-grün. Mit einer glasklaren Mehrheit von 57 Prozent wurde die Koalition im Amt bestätigt, Union und FDP kamen zusammen gerade mal auf 28 Prozent. Mit 5,2 Prozent wäre auch die PDS im Parlament.
Bei den Junior-Wahlen waren alle Schulformen von der Berufsschule bis zum Gymnasium vertreten. In Berlin beteiligten sich 19 Schulen an den Wahlen, ihr Anteil an den bundesweit abgegebenen Stimmen liegt bei 9,6 Prozent. Die Quote ist beachtlich, in Bayern wurden insgesamt nur 250 Stimmen abgegeben, das entspricht einem Stimmenanteil von 0,4 Prozent.
Die Wahlen wurden aufwändig vorbereitet. In Zusammenarbeit mit der Bundeszentrale für politische Bildung und den Länderkultusministerien ist Kumulus seit Anfang des Jahres mit der Organisation beschäftigt. „Das ist alles andere als eine Spaßwahl“, betont der Vorsitzende Gerald Wolff, „die Wahl ist bis ins kleinste Detail der Bundestagswahl nachempfunden.“
Den Verein Kumulus ist 1998 aus einem Freundeskreis entstanden. Die Gründungsmitglieder wollten eines Tages „nicht mehr nur Reden, sondern auch etwas machen“, erzählt Wolff. Mit künstlerischen und gesellschaftspolitischen Projekten mit Jugendlichen wollen sie weg von der Zuschauerdemokratie. Kumulus will „Brücken schlagen zwischen der Politik und den Jugendlichen“, sagt Wolff. Der Verein hat sich um sämtliche Details gekümmert und das virtuelle Wahllokal auf die Beine gestellt. Schließlich war die Junior-Wahl die erste Online-Wahl in Deutschland. „Wir haben eine Technik verwendet, die bei Wahlen in Finnland bereits eingesetzt wurde“, erläutert Wolff. Ähnlich wie beim Online-Banking erhielt jeder Wahlberechtigte eine geheime Transaktionsnummer. So soll Wahlbetrug ausgeschlossen werden.
Doch die technische Genauigkeit ist nicht das Wesentliche an der Wahl. „Es reicht nicht, wenn einfach nur gewählt wird“, meint Wolff, „das Thema muss auch in den Unterricht.“ Es sei wichtig, dass die Schüler sich informieren und miteinander diskutieren. Die wissenschaftliche Untersuchung der Jugendwahlen zur Landtagswahl in Baden-Württemberg 2001 hätte vor allem eines gezeigt: „Politikverdrossenheit hat immer etwas mit mangelnden Kenntnissen zu tun.“ TILMAN GÜNTHER
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