: Zwei allein im Parlament
Statt mit fünf Prozent der Stimmen zieht die PDS mit nur zwei Direktkandidatinnen in den Bundestag. Zum Personal: Die Spiele sind eröffnet!
von LUKAS WALLRAFF
Nach der Wahl ist vor dem Parteitag. Bei den zusammengeschrumpften Sozialisten wurde gestern vor allem über Personalfragen diskutiert. Das zu erwartende Ergebnis bot auch allen Grund für kritische Diskussionen: Nach allen Hochrechnungen blieb die PDS mit 3,8 bis 4,2 Prozent unerwartet klar unter der Fünfprozenthürde. Auch das erhoffte dritte Direktmandat, mit dem sie wenigstens als Gruppe in den Bundestag hätten einziehen können, wurde aller Voraussicht nach verfehlt. Lediglich Gesine Lötzsch und Petra Pau waren mit ihren Kandidaturen in Berlin-Lichtenberg und Marzahn-Hellersdorf erfolgreich.
Vor allem für die blasse Parteivorsitzende Gabi Zimmer wird es eng. Rücktrittsforderungen waren zunächst nicht zu hören, aber dass die Führungsmannschaft der PDS einfach so weitermachen kann wie bisher, glaubt nach der schwersten Niederlage seit 1990 niemand – da waren sich auf der trostlosen Wahlparty der PDS im Ostberliner Stadtteil Treptow Jung und Alt einig. In drei Wochen auf dem Parteitag in Gera werde es „mit Sicherheit eine Diskussion über Personen geben“, sagte die junge Exparteivizevorsitzende und Noch-Bundestagsabgeordnete Angela Marquardt. Auf die Frage, ob sie sich einen Führungswechsel wünsche: vielsagendes Schweigen.
Der Ehrenvorsitzende Hans Modrow wurde deutlicher: „In Gera muss sich die Führung der Verantwortung stellen“, raunte die immer noch einflussreiche graue Eminenz der PDS. Im Gegensatz zu Marquardt nannte Modrow auch einen Namen – und stellte die Arbeit des Bundesgeschäftsführers Dietmar Bartsch in Frage: „Von der Kritik an Bartsch gibt es nichts zurückzunehmen“, sagte Modrow über den erfolglosen Wahlkampfmanager. Bartsch selber sprach von einer „schweren Wahlniederlage“. Für das traurige Parteivolk hatte er vorerst nur schwachen Trost parat: „Die PDS wird es weiter geben. Wir werden weiter kämpfen.“
Einig waren sich die frustrierten Anhänger und Amtsträger nur in ihrem Unmut über die bisherige Führung. Ein neuer Hoffnungsträger ist nicht in Sicht. „Über den Vorsitz wird zu reden sein“, sagte eine PDS-Abgeordnete im Berliner Abgeordnetenhaus – ohne einen Vorschlag zu machen, wer die Nachfolge von Gabi Zimmer antreten könnte.
Für Angela Marquardt steht die Partei an einem „Scheideweg“. Es gehe darum, „dass die PDS ihre Existenzberechtigung als bundesweite Partei beweisen muss“. Das Schlimmste wäre für sie, wenn sich die PDS jetzt in den Osten zurückziehen würde. „Wir dürfen nicht auf die Ost-Strategie setzen.“ Die Noch-Vorsitzende Gabi Zimmer wollte persönliche Konsequenzen nicht ausschließen: „Ich stehe zu meiner Verantwortung, egal wie es ausgeht.“ Offenbar sei es „nicht gelungen, die sozialistische Alternative so zu vermitteln, dass es gereicht hätte“, Bei der Ursachenforschung fielen vor allem die drei F-Wörter: Frieden, Flut und Flugzeuge. Viele sahen den Hauptgrund für die Niederlage im Bonusmeilen-Rücktritt von Gregor Gysi. Zimmer nahm ihn allerdings ausdrücklich in Schutz: „Ich weise niemandem eine persönliche Schuld zu.“ Allerdings war auch unübersehbar, dass nicht wenige dem Exvorsitzenden seinen Rückzug im Juli übel nehmen. Als er mit Verspätung bei der Wahlparty erschien, wurde er von einigen mit Buhrufen empfangen. Auch Gysi selbst räumte eine Mitschuld ein: Er sei sich über „seinen Anteil an diesem Wahlergebnis im Klaren“ – und hoffe, dass die Partei sich dennoch nicht in einem „Selbstzerfleischungsprozess“ verfange.
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