: USA wollen für Kriegskurs werben
Ab heute beraten die Verteidigungsminister der Nato-Staaten für zwei Tage in Warschau. Neben dem Irak wird es bei dem informellen Treffen auch um die Erweiterung des Bündnisses sowie die Schaffung einer schnellen Eingreiftruppe gehen
aus Genf ANDREAS ZUMACH
Regierungsvertreter der 19 Nato-Staaten kommen heute erstmals in der Geschichte der Militärallianz in Osteuropa zusammen. In Warschau, der Stadt, nach der das östliche Gegenbündnis zur Nato benannt war, das mit dem Ende des Kalten Krieges kollabierte, wollen die 19 Verteidigungsminister der Allianz über den Irak die zweite Runde der Nato-Erweiterung und weitere konfliktträchtige Themen diskutieren. Beschlüsse sind bei dem zweitägigen „informellen“ Treffen nicht vorgesehen. US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld wird nach Ankündigung amerikanischer Diplomaten versuchen, seine 18 Amtskollegen für die politische Unterstüzung militärischer Maßnahmen gegen Irak zu gewinnen und für die Androhung derartiger Maßnahmen in einer neuen Resolution des UNO-Sicherheitsrates. Ein Nato-Konsens in dieser Frage ist höchst unwahrscheinlich.
In Warschau könnte allerdings eine mehrheitliche Unterstützung für die Linie Washingtons deutlich werden, für die sich vor dem Treffen bereits Großbritannien, Italien, Spanien und Dänemark öffentlich ausgesprochen hatten. Voraussichtlich werden sich auch Portugal und die drei osteuropäischen Nato-Mitglieder Polen, Ungarn und die Tschechische Republik dieser Linie anschließen.
Deutschland wird mit der bislang von der Regierung Schröder/Fischer formulierten strikten Ablehnung militärischer Maßnahmen in Warschau zwar nicht isoliert dastehen, aber voraussichtlich mit Belgien, Griechenland und einigen anderen Ländern eine Minderheit bilden. Rumsfeld wird in Warschau auch Vorschläge der Bush-Administration für die Schaffung einer schnellen Eingreiftruppe und anderer Kapazitäten unterbreiten, die die militärische Interventionsfähigkeit der Allianz außerhalb ihres Vertragsgebietes verbessern soll. Der Vorschlag könnte sich zu einer Konkurrenz für ähnliche Pläne der EU entwickeln, die in Washington mit gewissem Misstrauen beobachtet werden und zudem in den Hauptstädten vieler EU-Mitglieder auf erhebliche Finanzierungsprobleme stoßen.
Hinsichtlich der zweiten Runde der Nato-Osterweiterung, die auf einem Gipfel der 19 Staats-und Regierungschefs Ende November in Prag formal beschlossen werden soll, besteht in der Allianz Konsens über die Aufnahme der drei baltischen Staaten und Sloweniens. In Warschau dürften sich die Verteidigungsminister angesichts des Ergebnisses der jüngsten Wahlen in der Slowakei (bei der es nicht zur Rückkehr des früheren Premiers Meciar an die Macht kam) auch für die Aufnahme dieses Landes aussprechen. Über die Kandidaturen Rumäniens und Bulgariens will die Nato erst kurz vor dem Gipfel in Prag entscheiden.
Die 19 Minister müssen zumindest eine informelle Vorentscheidung treffen zur Verlängerung der Mazedonien-Mission der Nato über den 26. Oktober hinaus. Der Plan, dass nach diesem Datum die EU die Mission übernimmt, lässt sich wegen Differenzen zwischen Griechenland und der Türkei nicht realisieren.
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