: Ruf aus England: „Achtung, Mr. Bush!“
Blair entzückt über Schröders Sieg. Britische Presse sagt der rot-grünen Regierung Schwierigkeiten voraus
DUBLIN/LONDON taz/dpa ■ Obwohl aus Tony Blairs Sicht Gerhard Schröder ein böswilliger Abweichler im Kampf gegen den Irak ist, drückte der britische Premierminister dem Vorsitzenden der Schwesterpartei die Daumen. Ein Stoiber-Sieg hätte Blair auf der europäischen Bühne eher vereinsamen lassen. So konnte Blair, den Schröder noch in der Nacht angerufen hatte, seinen Sprecher gestern Morgen beruhigt die Freude über eine „Fortsetzung der guten und engen Beziehungen“ verkünden lassen.
Für die britische Boulevardpresse waren die Bundestagswahlen ein eher nebensächliches Ereignis. Der Daily Mirror, ein Labour-freundliches Blatt, schreibt unter der Schlagzeile „Achtung, Mr. Bush“, dass Deutschland nun die Pläne des britischen Premierministers Tony Blair für eine europaweite Allianz gegen Saddam durchkreuzen werde. Die Sun berichtet, Schröder habe die Wahlen wegen seiner ablehnenden Haltung gegenüber der Irakpolitik der USA gewonnen.
Das glauben auch die Qualitätsblätter. Der Guardian meint, Schröder müsse sich nun Anschuldigen gefallen lassen, er habe „Emotionen gegen einen wichtigen Verbündeten angeheizt, um Stimmen zu gewinnen“. Der Independent schreibt, Schröder gehe geschwächt aus den Wahlen hervor, weil er einen höheren Preis für die weitere Unterstützung durch die Grünen zahlen müsse: „Eine grünere Schattierung seiner Regierungspolitik könnte es ihm erschweren, Gesetze durch den Bundestag zu bekommen.“
Der Daily Telegraph, der den Tories nahe steht, hat eine „starke antiamerikanische Stimme in Deutschland“ ausgemacht. Die Äußerung Herta Däubler-Gmelins, die US-Präsident George Bush unterstellt hatte, er wolle mit seiner Irakpolitik von innenpolitischen Schwierigkeiten ablenken, treffe viel eher auf Schröder zu, meint der Telegraph: „In der letzten Phase des Wahlkampfes versuchte Schröder, von seiner katastrophalen Wirtschaftspolitik abzulenken, indem er sich auf den Irak konzentrierte.“ Er habe Deutschlands „mühsam errungenen Ruf als verlässlicher Verbündeter in der westlichen Gemeinschaft freier Nationen“ den Pazifisten geopfert. Die Wahl habe außerdem bewiesen, dass es am Willen fehle, die notwendigen Wirtschaftsreformen anzugehen, um die Arbeitslosenzahl zu verringern: „Wenn die Deutschen auf diesem Weg weitergehen, verurteilen sie sich selbst zur wirtschaftlichen Stagnation und strategischen Bedeutungslosigkeit.“ RASO
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