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Chicken und Pepsi vom Klassenfeind

US-Farmer und Nahrungsmittelkonzerne drängen nach Kuba und wollen das US-Embargo lockern

HAVANNA taz ■ Am Stand der US-amerikanischen Eiindustrie wird fleißig gebrutzelt. Mit dem 40-Sekunden-Omelett, das umsonst an Messebesucher ausgegeben wird, wirbt der Verband für den Import von Eiprodukten made in USA. 288 Aussteller aus 33 US-Bundesstaaten haben ihre Messestände in der kubanischen Hauptstadt aufgebaut – auf der ersten US-kubanischen Agrarmesse seit der Revolution 1959. Darunter sind die größten US-Agrarkonzerne wie Cargill Inc., Hormel Foods oder Archer Daniels Midland Co.

Der Konzern Archer Daniels Midland, der in Havanna Lieferabkommen für Soja, Reis und Sojaöl im Wert von zehn Millionen Dollar unterzeichnete, hat sich vorab stark gemacht für die breite Präsenz der US-Agrarunternehmen – gegen den erklärten Willen der US-Administration. So hat das Handelsministerium nur widerwillig die Exportfreigaben für die Güter bewilligt, die auf der Messe bis zum 30. September ausgestellt werden. Da es sich jedoch nahezu ausschließlich um Lebensmittel handelt, die seit Oktober 2000 ebenso wie Medikamente exportiert werden dürfen, hat die US-Administration keine Handhabe gegen die Exportinteressen der einflussreichen Agrarlobby.

Für die US-Landwirtschaft, aber auch für Pepsi und M & M’s, geht es um einen Markt von rund einer Milliarde US-Dollar. Für diese Summe kauft Kuba jährlich auf dem Weltmarkt Getreide, Reis, Milchpulver und Fleisch. Diese Produkte könnten die USA wegen der niedrigen Frachtkosten günstiger als die Konkurrenz liefern.

Bisher bezieht Kuba bis zu 400.000 Tonnen Reis pro Jahr von China und Vietnam. Den Markt würde die US-amerikanische Rice Federation nur zu gern von den Asiaten übernehmen, und die Kubaner zeigen sich kooperationsbereit. Für 140 Millionen US-Dollar haben sie in diesem Jahr Nahrungsmittel in den USA geordert. Eine Summe, die sich im Zuge der Messe noch auf 200 Millionen US-Dollar erhöhen könnte, so Pedro Alvarez von der staatlichen Einkaufsgesellschaft Alimport.

Auch Fidel Castro ließ sich den Messebesuch nicht entgehen – und wechselte sogar seine olivgrüne Militärkluft gegen einen schwarzen Anzug. Sein Ziel: Die Farmlobby in seinem Sinne gegen das US-Embargo zu impfen. Die haben sich allerdings schon lange entschieden. Archer Daniels Midland, mit einem Umsatz von 19 Milliarden US-Dollar Branchenführer, zieht hinter den Kulissen in den USA die Fäden für eine weitere Lockerung des Embargos. Lebensmittelimporte sollen über Kredite abgesichert werden und Reisebeschränkungen fallen. Für die US-Farmer ist ohnehin klar, dass sie sich nicht dabei behindern lassen, einen neuen Markt zu erschließen. Und Fidel Castro hat plötzlich neue Alliierte, deren Wünschen sich Präsident Bush nicht ohne weiteres verschließen kann. KNUT HENKEL

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