Extrawurst für die USA

EU billigt Regelung, mit der die Vereinigten Staaten den Internationalen Gerichtshof umgehen wollen. USA wollen ihre Diplomaten und Soldaten der internationalen Gerichtsbarkeit entziehen

GENF ap/taz ■ Die Europäische Union stimmt bilateralen Sonderabkommen mit den USA zur Umgehung des Internationalen Strafgerichtshofs (ICC) unter hohen Auflagen zu. Darauf verständigten sich die EU-Außenminister gestern in Brüssel. Der deutsche Außenminister Joschka Fischer betonte: „Wir hätten uns eine klare Ablehnung (der Abkommen) gewünscht, aber dank der Grundsätze sind wir da sehr nahe dran.“ Großbritannien und Italien hatten zuvor bereits erklärt, ein Sonderabkommen mit den USA schließen zu wollen.

Dass auch Deutschland ein solches Abkommen mit den USA anstrebt, schloss Fischer aus. Die Bedeutung des Strafgerichtshofs hob der Minister hervor: „Die Miloševićs und Pinochets von morgen werden zur Rechenschaft gezogen.“ Der EU-Ratsvorsitzende und dänische Außenminister Per Stig Möller betonte, der Gerichtshof werde mit dem EU-Beschluss nicht geschwächt. Viele der US-Sorgen könnten auf Grundlage bereits bestehender Abkommen gelöst werden. Ziel der EU sei aber, „die USA in den Gerichtshof zu integrieren“.

Die USA hatten den Vertrag zur Errichtung eines UN-Gerichtshofs für Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit unter dem früheren US-Präsidenten Bill Clinton 1998 zwar unterzeichnet. Sein Nachfolger George W. Bush lehnte eine Ratifizierung jedoch ab. Begründung: US-Friedenssoldaten könnten willkürlichen Strafverfolgungen ausgesetzt sein. Dennoch nahm der Gerichtshof am 1. Juli in Den Haag seine Arbeit auf. Seitdem versucht Bush, in bilateralen Abkommen US-Bürger von der Gerichtsbarkeit herauszunehmen.

Nach den von der EU aufgestellten Prinzipien muss ein Land zunächst bereits bestehende Abkommen mit den USA überprüfen und klären, ob eine Regelung zum ICC notwendig ist. Will ein Land dennoch eine gesonderte Regelung mit den USA zum ICC schließen, besteht die EU auf mehreren Prinzipien. Zunächst soll eine generelle Straffreiheit ausgeschlossen werden. Personen, die danach nicht an den ICC ausgeliefert werden, müssen in den USA vor Gericht gestellt werden. Zudem sollen nur US-Bürger von der Gerichtsbarkeit des ICC ausgenommen werden, die im Auftrag der Regierung im Ausland sind, also Soldaten und Diplomaten. Schließlich soll die Ausnahme nicht für Bürger des Landes gelten, das das Abkommen mit den USA schließt.

Erste Reaktionen aus Washington auf den EU-Beschluss waren nach Angaben aus diplomatischen Kreisen eher abweisend. So bestünden die USA weiter darauf, dass alle US-Bürger von der Gerichtsbarkeit des ICC ausgenommen würden, und wollten die Strafverfolgung mutmaßlicher Verbrecher nicht garantieren.