: BGH ändert Urteil
Im Prozess um die tödliche Hetzjagd von Guben verschärft der BGH das Urteil auf versuchte Körperverletzung mit Todesfolge. Strafe bleibt gleich
LEIPZIG taz ■ Der algerische Asylbewerber Farid Guendoul verblutete im Februar 1999 in einem Plattenbau im brandenburgischen Guben, weil eine Gruppe von Rechtsextremisten seinen Tod im Verlauf einer nächtlichen Hetzjagd auf Ausländer vorsätzlich in Kauf genommen hatte. Zu diesem Ergebnis kam der Bundesgerichtshof gestern bei der Überprüfung des wegen seiner Milde umstrittenen Urteils des Landgerichts Cottbus aus dem Jahr 2000. Die 5. Strafkammer des BGH in Leipzig wertete in der Revisionsverhandlung die Beteiligung von sechs Rechten, die zum Zeitpunkt des Geschehens Heranwachsende waren, am Tod Farid Guendouls als „versuchte Körperverletzung mit Todesfolge“. Ein neues Verfahren wird es jedoch nicht geben. Das Strafmaß wurde vom BGH bestätigt. Das Landgericht Cottbus hatte in erster Instanz neun Täter lediglich wegen fahrlässiger Körperverletzung und Nötigung zu Arbeitsstunden, Bewährungsstrafen und nur in zwei Fällen zu zwei bzw. zweieinhalb Jahren Haft verurteilt.
Der BGH schloss sich mit seiner Bewertung des Todes von Farid Guendoul und der tätlichen Angriffe auf seine beiden Begleiter, Khaled Bensaha aus Algerien und Issaka Kaba aus Sierra Leone, den Revisionsanträgen der Nebenkläger und der Bundesanwaltschaft an. Da die Nebenklage lediglich gegen Heranwachsende zugelassen ist, konnte im Fall von drei jugendlichen Angeklagten keine Revision mehr stattfinden. Die Revisionsanträge der Verteidiger, die auf noch mildere Strafen gehofft und ihre Mandanten zu Unschuldslämmern stilisiert hatten, die lediglich Opfer „einer Gruppendynamik“ und des „eigenen Selbstfindungsprozesses“ seien, wies der BGH ab. Die Brüder Malik und Kemal Guendoul, die eigens zum BGH-Termin aus Algerien nach Leipzig angereist waren, reagierten erleichtet auf die höchstrichterliche Entscheidung. Die Familie Guendoul hatte das milde Urteil des Landgerichts Cottbus im November 2000 scharf kritisiert. Bislang sitzt keiner der Täter in Haft. Einige nutzten die Zeit, um neue Straftaten zu begehen. Der Anführer der Hetzjagd, der 23-jährige Alexander B., der mittlerweile wegen mehrerer Körperverletzungsdelikte verurteilt ist, sitzt derzeit in Untersuchungshaft. HEIKE KLEFNER
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