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Volley-Bella zurück aus Italia

Zum Start der neuen Volleyballsaison kehrt Christina Benecke nach vier Jahren in Italien zum TVF Phoenix Hamburg zurück. Ihr Trainer sagt: „Sie könnte eine Kultfigur werden“

von SILKE SCHLICHTING

Von dem Zauber, der in den letzten zwei Wochen um ihre Person gemacht wurde, hat Christina Benecke ganz offensichtlich nur wenig mitbekommen. Entspannt rührt sie in ihrem Milchkaffee und wundert sich ein bisschen über die Frage, wie sie mit dem Druck, der auf ihr lastet, klar kommt. „Ich weiß, was ich kann“, lautet die schlichte Antwort. Über ein Zitat ihres Trainers Knut Rettig – „Sie könnte eine Kultfigur für uns werden“ – lacht sie nur und sagt, „ich glaub, ich muss mal Zeitung lesen“.

Am Sonntag starten die Volleyballerinnen des TVF Phoenix gegen den USC Münster ihre zweite Spielzeit in der ersten Liga (15 Uhr Sporthalle Süderelbe). In der vorigen Saison hat sich der ehemalige TV Fischbek vom Fahrstuhlteam zum Spitzenklub gemausert. Folgerichtig gibt Manager Horst Lüders den sechsten Tabellenplatz als niedrigstes Saisonziel aus und liebäugelt mit einem Platz unter den ersten vier. Und wenn er anfängt zu träumen, sieht er seinen Club in der Saison 2003/2004 im Europapokal. Immerhin konnte der Etat mit Hilfe des Harburger Namensgebers Phoenix und dem neuen Co-Sponsor HEW von 280.000 auf rund 320.000 Euro aufgestockt werden. Schwerin, Dresden, Ulm und Münster geben zwar fast das Doppelte aus, doch Lüders sieht kein Team in der Favoritenrolle.

Christina Benecke freut sich auf Münster. Mit Atika Bouagaa und Birgit Thumm werden zwei Nationalspielerinnen anreisen, mit denen sie sich über die vergangene Weltmeisterschaft unterhalten kann. „Es hat schon ein bisschen weh getan, die Spiele nur im Fernsehen anschauen zu können“, gesteht Benecke. Nationaltrainer Hee Wan Lee hat auf das Team gesetzt, das sich erfolgreich beim Grand Prix eingespielt hatte. Benecke war aus dem Rennen. „Das, was wir bei der WM gezeigt haben, war schon deutlich unter unserem Niveau“, so lautete hinterher nicht nur das Fazit der 27-Jährigen. Die ganz Ehrlichen geben zu Bedenken, dass die Ziele einfach zu hoch gesteckt waren. „Ich glaube, der Anspruch ist noch einmal kräftig gestiegen, als die Mannschaft beim Grand Prix so gut abgeschnitten hatte“, so Benecke. „Das lag auch daran, dass Kuba oder Brasilien nur mit ihren Jugendmannschaften angetreten sind, ohne die eigentlichen Stars.“

Ob das Kapitel Christina Benecke und deutsche Nationalmannschaft damit abgeschlossen ist, wird die Zukunft zeigen. Mit dem Bundestrainer hat sie seither noch nicht wieder gesprochen – dort wurden die Wunden geleckt, hier hat die Suche nach einem neuen Arbeitgeber im Vordergrund gestanden. „Ich habe aber keine Lust, die Nationalmannschafts-Lehrgänge mitzumachen und dann bei den Ereignissen nicht dabei zu sein“, soviel steht bereits fest. Wenn es mit der Nationalmannschaft nichts mehr wird, würde sie gern mehr Beachvolleyball spielen. Seit dem Gewinn der Hamburger Meisterschaften im Duo-Mixed mit ihrem Partner Torben Meier ist Benecke nicht nur Ehrenmitglied beim BSV Barsbüttel, sondern auch heiß aufs Spielen im Sand. „Ich hab immer gedacht, das ist nichts für mich, weil ich nicht die Schnellste bin. Aber der Ball ist draußen einfach langsamer unterwegs. Da bin ich dann an Bälle rangekommen, wo ich dachte, das schaffst du nie.“

Doch welcher Teufel hat die 1,90-Frau geritten, das Volleyballparadies Italien zu verlassen? „Es war ja nicht immer nur alles rosig. Dass die zum Beispiel nicht immer pünktlich gezahlt haben, hat schon ein bisschen genervt.“ Eigentlich wollte sie noch ein Jahr in Florenz bleiben. Die Saison dort war gut verlaufen. Doch dann liefen die Verhandlungen nur sehr zäh, auch in Ravenna blieb es beim Probetraining, und dann rief Horst Lüders an und holte seine „verlorene Tochter“ wieder heim. Auch wenn sie hier weniger verdient und mehr um die Ohren hat – „dort hatte ich einzig die Aufgabe, pünktlich zum Training zu erscheinen“ – Christina Benecke ist wieder zuhause.

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