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Nichts als Kreischen

40 Jahre nach „Love me do“ werden die Beatles einmal mehr gefeiert. Beim Festival „Beatles Forever“ im Waller Medienzentrum bringen Filme, Konzerte und eine Ausstellung neue Spannkraft in die Pilzköpfe

“The Baetles“ steht da in rührender Ignoranz auf der deutschen Rechnung, mit der die Band aus Liverpool einst in Hamburg ihr Honorar quittiert bekam. Man kann es sich heute kaum noch vorstellen, aber es gab einmal eine Zeit, in der „The Beatles“ nicht, wie John Lennon einmal etwas keck aber durchaus zutreffend sagte, „berühmter als Jesus“ waren. Der Rechungsbeleg hängt im Café des Waller Medienzentrums an der Wand, zusammen mit Fotos der Hamburger Günter Zint, Friedhelm von Estorff und Peter Brüchmann, die ähnlich wirken, denn sie wurden etwa in der gleichen Beatles-Phase aufgenommen.

Damals spielten die Beatles noch vor leeren Stuhlreihen in einem Doppelprogramm zusammen mit Knut Kiesewetter. Dieser wird auf der Eröffnungsveranstaltung des Festivals am Donnerstag ab 19 Uhr über das Zusammentreffen erzählen (nicht live, sondern auf einem eigens für diese Gelegenheit gedrehten Video), außerdem wird der berüchtige einheimische Beatlesfanatiker Matthias Höllings auftreten. Und es gibt auch, wie wohl in jeder größeren deutschen Stadt, eine regionale Beatles-Revival Band: „The Sugar Plum Fairies“ sind vier adrette junge Herren, die sehr schön und ordentlich die Hits der Beatles nachspielen. Ihr Konzert findet am Samstag um 20.30 Uhr im Ballroom der neben dem Medienzentrum gelegenen Tanzschule statt.

In irgendeinem Film gibt es eine Szene, in der die Damen und Herren eines englischen Altersheims gemütlich bei Kaffee und Kuchen sitzen und gemeinsam „When I‘m 64“ singen. So genau bringt meines Wissens kein anderes Kinobild den universellen Appeal der Beatles auf den Punkt. Vielleicht findet es sich ja in einem der vielen Filme, die in dieser Woche im Kino 46 laufen und aus den verschiedensten Perspektiven auf die Beatles schauen.

Da sind natürlich die beiden reinen Fanprodukte „A Hard Day‘s Night“ und „Help“ von Richard Lester zu sehen und es gibt mit „The Beatles At Shea Stadium“ einen der unmusikalischsten Musikfilme aller Zeiten, denn wirklich hören kann man nur das Kreischen der Fans. Dass John Lennon immerhin mal in Achim und Thedinghausen war, belegt Richard Lesters dort gedrehte Kriegssatire „Wie ich den Krieg gewann“. Statisten von damals werden darüber Auskunft geben.

Die vielleicht schönste, sicher aber witzigste Entdeckung des Festivals dürfte die britische Fernsehserie „The Rutles“ sein, in der die „Beatlemania“ wunderschön im Stil von Monty Python durch den Kakao gezogen wurde. Der britische Spielfilm „Backbeat“ erzählt von den Hamburger Zeiten der Beatles, in dem deutschen Spielfilm „Paul is Dead“ geht es um die Verschwörungstheorien über McCartneys angeblichen Tod in den 80er Jahren und bei „I am Sam“ kann man sehen, wie Hollywood versucht, einen schlimmen Schmachtfetzen (Sean Penn als schwachsinniger liebender Vater) durch die Musik der Beatles zu veredeln.

Schließlich enden die Beatles in Bremen dann, wenn schon nicht im Altersheim, dann doch in der Kirche. In der evangelischen Immanuel Kapelle in Walle gibt es am heiligen Sonntag zuerst „eine Stunde meditatives Crossover“ zum Thema „Beatles & Bibel“ und um 20 Uhr singt dort der Chor „Ensemble d‘accord“ ein Programm mit Beatlessongs. Das könnte den Stones nie passieren!

Wilfried Hippen

Das Film-Programm des Beatles-Festivals steht zusammen mit Kurzkritiken am Donnerstag in der Kinotaz

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