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Die Pille gegen das Fernweh

Das Interrail-Ticket wird 30 Jahre alt – und sein Fanclub kein bisschen bequem. Obwohl nur sieben Prozent der Jugendlichen Urlauber auf die Bahn stehen. Ein Überblick über Möglichkeiten und Angebote

In diesem Jahr wird das Interrail-Ticket der Bahn 30 Jahre alt. Für 365 Euro können Jugendliche bis zu 26 Jahren einen Monat kreuz und quer durch Europa fahren. Nach Einbrüchen in den Achtzigerjahren erlebt diese Form des Reisens seit 1997 sogar wieder einen leichten Aufschwung. Es sind zu 57 Prozent Studenten und zu 22 Prozent Schüler, die nach dem World Wide Web auch das Leben in der echten Welt kennen lernen wollen, kilometerlange Kampfmärsche in sengender Sonne inklusive.

Jugendliche wie Jördis Kant, die in diesem Herbst ein Semester in der Stadt studiert, in die sie sich auf ihrer ersten Interrail-Reise verliebt hat: in Madrid. Im Sommer 1999, ein Jahr vor ihrem Abitur, hat die Jurastudentin aus Hannover zum ersten Mal ihren Rucksack gepackt. Sie waren zu dritt, Jördis und ihre Freundinnen Daniela und Annalena. Und sie hatten eines gemeinsam: „Wir wollten in kurzer Zeit viel von Europa sehen, aber wenig Geld ausgeben.“

Danielas Mutter arbeitet im Reisebüro. Sie hatte den Mädchen ein europäisches Kursbuch mitgebracht und ihnen empfohlen, ihre Route genau zu planen. Ein guter Rat, wie sich herausstellen sollte. Schließlich, räumt Jördis ein, sei die Reise stressiger gewesen, als sie erwartet hatte.

Von Narvik bis Marrakesch. Von Lissabon bis Bukarest. Die Welt der Interrailer, sie ist mit Ende des Kalten Krieges noch ein Stückchen größer geworden. Zwar zieht es die meisten Eurotrotter immer noch nach Spanien, Italien und Griechenland. Doch die Länder des ehemaligen Ostblocks holen langsam auf.

Seit 1972 haben mehr als sieben Millionen Jugendliche aus ganz Europa die Gelegenheit genutzt, um den Kontinent zu erkunden. Rucksack auf, rein in den Zug – und einfach weg. Last-Minute-Reisen, wohin man will. Amsterdam, Paris, Marseille, Madrid, Lissabon.

Nach der jüngsten Umfrage des Hamburger BAT-Instituts für Freizeitforschung in Hamburg träumen die meisten Jugendlichen vom „Abenteuerurlaub mit wenig Gepäck und viel Improvisation“. Allerdings wollen nur 7 Prozent mit der Bahn verreisen, 51 Prozent fahren lieber mit dem Auto los, 27 Prozent entscheiden sich für den Flieger und 12 Prozent für den Bus. Dennoch konnte sich das Interrail-Ticket bis heute behaupten.

Info: Das Interrail-Ticket für Jugendliche bis zu 26 Jahren kostet 365 Euro und ist an jedem DB-Schalter, in Reisebüros oder telefonisch unter (0 18 05) 99 66 33 erhältlich. Es kann auch im Internet unter www.bahn.de bestellt werden. Das Ticket gilt für 30 europäische Länder, die in acht verschiedenen Zonen zusammengefasst sind.

Zone A: Großbritannien, Irland; Zone B: Schweden, Norwegen, Finnland; Zone C: Dänemark, Deutschland, Schweiz, Österreich; Zone D: Polen, Tschechien, Slowakei, Ungarn, Kroatien; Zone E: Frankreich, Belgien, Niederlande, Luxemburg; Zone F: Spanien, Portugal, Marokko; Zone G: Italien, Slowenien, Griechenland, Türkei; Zone H: Bulgarien, Rumänien, Jugoslawien, Mazedonien.

Wer sich nur innerhalb bestimmter Zonen bewegen will, fährt günstiger mit einem Einzonen-Pass (206 Euro), mit einem Zweizonenpass (274 Euro) oder einem Dreizonenpass (309 Euro).

Für Erwachsene über 26 Jahre gibt es seit 1998 ebenfalls ein günstiges Pauschalticket für Europa: „InterRail 26+“. (518 Euro). Beide Tickets gelten als Netzkarten für praktisch alle Bahnstrecken in 30 europäischen Ländern, bei Fahrten innerhalb Deutschlands wird allerdings der halbe Fahrpreis fällig. Für besondere Fernzüge – z. B. den ICE, den TGV in Frankreich oder den X 2000 in Schweden – muss ebenfalls ein Aufpreis bezahlt werden. Die Deckpassage auf den Fähren Brindisi–, Bari–, und Ancona–Patras (Italien–Griechenland) ist im Preis inklusive.

www.bahn.de/pv/angebote/international/die_bahn_interrail_geburtstag. shtml oder www.interrailer.com

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