: Militärs proben Ungehorsam
In Venezuela gehen die Anhänger der Opposition mit einem Putschaufruf und Generalstreik wieder in die Offensive gegen den Präsidenten Hugo Chávez
BUENOS AIRES taz ■ Mehrere hochrangige Militärs haben in der venezolanischen Hautpstadt Caracas am Dienstagabend zum Sturz von Präsident Hugo Chávez aufgerufen. Im Fernsehen forderten sie Chávez zum Rücktritt auf. Der Präsident führe ein autoritäres Regime und sei antidemokratisch. Dagegen helfe nur der zivile Ungehorsam. Als Antwort wies die Regierung die Streitkräfte an, die Verfassung zu achten und die öffentliche Ordnung, wo nötig, wieder herzustellen.
Stunden nach dem Aufruf der abtrünnigen Militärs versammelten sich auf der Plaza von Altamira, einem Nobelviertel von Caracas, mehrere tausend Chávez-Gegner. Venezolanische Fahnen schwenkend forderten sie in Sprechchören Chávez‘ Rücktritt. Sie wollen die Plaza erst wieder verlassen, wenn er zurückgetreten ist. Der Anführer der abtrünnigen Militärs, Enrique Medina Gómez, bat in einer Rede auf der Plaza seine in den Kasernen gebliebenen Kameraden darum, ihn „in dieser Mission zu begleiten“. Die Plaza Altamira erklärte er zur „befreiten Zone“, die Absetzung von Chávez sei „Volkes Wille“.
Gegenwärtig ermittelt Venezuelas Justiz gegen Medina Gómez, weil er sich vor einem halben Jahr an einem Putschversuch gegen Chávez beteiligte. Damals nahmen die Putschisten Chávez fest und versuchten ihn zum Rücktritt zu drängen. Regierungstreuen Militärs gelang es jedoch nach zwei Tagen den Putsch niederzuschlagen. Innenminister José Vicente Rangel nannte den erneuten Aufstand ein „Kabarettstück“, das die Regierung nicht aus der Ruhe bringen würde. Jedoch wurden mehrere Militäreinheiten in Alarmbereitschaft versetzt.
Am Montag trat die venezolanische Opposition in einen unbefristeten Generalstreik, um Chávez zum Rücktritt zu zwingen. Dazu aufgerufen hatte das Oppositionsbündnis, das von den Gewerkschaften bis zu den Unternehmerverbänden reicht. Vor allem viele Einzelhändler schlossen ihre Geschäfte, wodurch zumindest die Hauptstadt sehr ruhig wirkte. Zugleich demonstrierten zahlreiche Chávez-Anhänger gegen den Generalstreik. Vor dem Streik hatte die Regierung vor einem erneuten Putschversuch gewarnt.
Der Generalsekretär der Organisation Amerikanischer Staaten, César Gaviria, verurteilte den Putschaufruf der abtrünnigen Militärs. Er forderte die Opposition auf, „demokratische, pazifistische und verfassungsmäßige Mittel“ zu wählen, um „ihre Differenzen mit der Regierung auszudrücken“.
INGO MALCHER
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