ballast der republik: Politische Bauvorschriften
Vor dem Sachzwang und der Strenge spezifisch deutscher Bauvorschriften ist schon manches in die Knie gegangen. Wer sich den aufgemuskelten Sicherheitsgesetzen von Schall- und Brandschutz über die Tragfähigkeit der Geschosse bis hin zu den Fluchtwegen sowie sanitären Anlagen für Frauen und Männer nicht beugt, wird ordnungsmäßig abgemeiert. Klar, wenn es brennt oder das Haus wackelt, muss alles funktionieren, sollen die Rettungsgänge frei sein für Leib und Leben – damit der nette „Herr Kaiser von der Versicherung“ nicht Gutachten und Geld verweigert.
Kommentar von ROLF LAUTENSCHLÄGER
Man kann auch übertreiben. Und die 15 Millionen Euro, die Bund und Land vorschützen, um die temporäre Bespielung des Palastes der Republik zu verhindern, bedeuten eine solche Übertreibung zum Zwecke politischer Missbilligung: Der Bund hat beschlossen, dort sein Schloss zu bauen, und Bausenator Strieder sich schon immer als Gegner einer kulturellen Zwischenlösung geoutet. Warum also nach Möglichkeiten suchen, wenn schon der Preis so hoch ist?
Dass die Alternativen einer Nutzung des Palastes kaum weniger kosten könnten als die Hochrechnung, ist evident. Das alte Stahlgerippe verschlingt zur Sicherung und Bewachung ein fettes Sümmchen – einmal ganz abgesehen vom stadtpolitischen Preis für die jahrelange Brache im Zentrum, wenn der Palast fällt, aber noch kein Schloss in Sicht ist.
Es gibt Möglichkeiten, den Rohbau weit günstiger umzurüsten. Der Charme des Unfertigen, siehe Sophiensæle oder Oderberger Stadtbad, ist für kulturelle Projekte und Gruppen nicht hinderlich. Im Gegenteil. Und folgt dann die Abrissbirne, lässt sich auch das noch inszenieren.
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