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Keine Demo für die Regierung

Weder SPD- noch Grünen-Fraktion sind zur Friedensdemo gemeldet. Außer Ströbele natürlich. Kein Wunder – die Veranstalter fordern mehr als nur ein Nein zum Irakkrieg

BERLIN taz ■ Gerhard Schröder ist gegen den Krieg. SPD und Grüne sind gegen den Krieg. Die Friedensbewegung ist natürlich sowieso gegen den Krieg. Wird der deutschlandweite Aktionstag gegen die Kriegspläne der USA also zu einer Demo für die Regierung?

„Nein“, sagt Peter Strutynski vom Bundesausschuss Friedensratschlag. „Nein“, sagt auch der innenpolitische Sprecher der SPD. Dieter Wiefelspütz kann sich „nicht vorstellen“, dass einer der SPD-Bundestagsbgeordneten am Samstag auf die Straße geht. Denn, so Wiefelspütz zur taz: „Die Position, die in den Aufrufen wiedergegeben wird, ist nicht die Position der Bundesregierung.“

Nur in einem Punkt stimmt er den Friedensaktivisten zu: „Deutschland wird an einer kriegerischen Auseinandersetzung mit dem Irak nicht teilnehmen.“ Die übrigen Forderungen gehen dem SPD-Politiker zu weit. „Keinerlei Beteiligung am Krieg!“, heißt es im Aufruf für die mutmaßlich größte Demo in Berlin. Die Veranstalter verlangen deshalb den „sofortigen Abzug aller Soldaten und Militärtechnik aus der Golfregion“ und „keine Gewährung von Überflugrechten für Militärmaschinen und von Nutzungsrechten an militärischen Einrichtungen“.

Von solchen Festlegungen will Wiefelspütz nichts wissen. Die Nutzung der US-Einrichtungen sei nicht zu verhindern. „Daran gibt es nichts zu rütteln.“ Auch ein sofortiger Abzug der deutschen Spürpanzer aus Kuwait komme nicht in Frage. Darin seien sich SPD und Grüne im Bundestag einig. Dass die Jusos zur Demo aufrufen, will Wiefelspütz „nicht kommentieren“. Juso-Chef Niels Annen sagte der taz, er teile die Forderung nach einem Abzug der Panzer. In den Demos sieht er aber „eher eine Unterstützung“ für die klare Haltung gegen den Irakkrieg als Protest.

Nur ein Bundestagsabgeordneter der Regierungsfraktionen hat bisher sein Erscheinen angekündigt. Es ist der übliche Verdächtige: Christian Ströbele. Der frisch gewählte Fraktionsvize wird am Samstag als Redner in Berlin auftreten. Ob andere Grüne mitdemonstrieren, wisse er nicht, sagte Ströbele der taz. Er habe mit keinem Kollegen darüber gesprochen. Auch die grünen Pressestellen in Bundestag und Parteizentrale waren gestern überfragt. „Da müssen Sie im Büro Ströbele anrufen“, hieß es.

Die Zurückhaltung der Grünen zeigt sich auch darin, dass die Partei auf ihrer Homepage mit keinem Wort auf die Demos hinweist. Dabei hatte der Grünen-Parteitag am vergangenen Wochenende einen Antrag angenommen, der zur Teilnahme ausdrücklich aufruft. Strutynski freute sich deshalb bereits, dass die Grünen „sozusagen in den Schoß der Friedensbewegung zurückkehren wollen“. Dies gilt neben Ströbele aber offenbar nur für Kommunal- und Landespolitiker der Grünen.

Entsprechend gelassen reagiert die SPD: „Was die Grünen machen, müssen sie selbst verantworten“, sagte Wiefelspütz. „Mich interessiert das Verhalten der bündnisgrünen Fraktion im Parlament – und da sind sie ein verlässlicher Partner.“ Wie verlässlich, wird sich schon Mitte November bei der Verlängerung des Antiterroreinsatzes zeigen.

Friedensaktivist Strutynski hat ein anderes Problem. Ein Mobilisierungsproblem. Die Unterschiede zur Regierung ließen sich „nur schwer vermitteln“, so Strutynski. Angekommen sei vor allem das klare Nein des Kanzlers zum Irakkrieg. „Wenn das Volk mit der Regierung einer Meinung ist, sehen viele nicht die Bedeutung einer Demonstration.“ Die Teilnahmerzahl wagt er nicht zu schätzen. Hunderttausende wie in Italien oder Großbritannien werden es jedenfalls nicht. LUKAS WALLRAFF

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