piwik no script img

Schwachhauser Raserei

Die Süderweiterung des Technologieparks bewegt die Gemüter in Schwachhausen: Anwohner wehren sich erbittert gegen eine Verlängerung der H.-H.-Meier-Allee zum Autobahnzubringer, der Beirat bleibt aber bei seinem Ja zur Horner Spange

In der Aula der Schule Freiligrathstraße war die Luft zum Schneiden. Über 200 besorgte Schwachhauser BürgerInnen waren am Donnerstagabend zur Sitzung des Stadtteilbeirats gekommen, um sich über das zu informieren, was Bürokraten als „verkehrliche Auswirkungen durch die Netzveränderung Technologiepark“ umschreiben. Zwei Fachleute der Baubehörde informierten mit Grabesstimme über die „noch zu detaillierende Problematik“, die mit der so genannten Horner Spange (siehe Grafik) zusammenhängt.

Ursächlich für die Verkehrsplanerei ist das Vorhaben der Stadt, ein Gelände südlich der Eisenbahnlinie – zwischen Kleingärten und dem Riensberger Friedhof – für Gewerbe zu erschließen und es in den Technologiepark einzubeziehen. Im März 2002 hatte der Senat deshalb beschlossen, Straßenbaumaßnahmen „kurzfristig“ umzusetzen: Die H.-H.-Meier-Allee, so der Planungsstand der Horner Spange, soll durch eine grüne Wiese und unter der Eisenbahn durch bis zum Autozubringer Uni verlängert werden. Zum anderen soll – durch das Wohngebiet Auf den Hornstücken – eine Verbindungsstraße zur Horner Heerstraße gebaut werden.

Als Lautsprecher des Bürgerwillens fungiert der Bremer Rechtsanwalt Andreas Reich: Er hielt vor dem Beirat ein vehementes Plädoyer gegen die Pläne des Senats. Stakkatoartig trug Reich die Argumente der Anwohner vor: Eine weitere Straße durch Schwachhausen werde das abgeschlossene Wohn- und Einkaufszentrum Neu-Schwachhausen/Riensberg zerschneiden, das bislang via Schwachhauser Heerstraße oder Parkallee umfahren werde. „Wir wohnen ruhig und friedlich dort, und das soll auch so bleiben“, idealisierte Reich das lokale Kleinod. Werde eine Trasse von Schwachhausen in Richtung der Horner Einkaufszentren gebaut, würden die Schwachhauser Geschäftsleute darunter zu leiden haben. Reich und seine MitstreiterInnen befürchten zudem, dass sich der Hauptverkehrsstrom vom Stern zur Universität oder zur Autobahn – anstatt über die Parkallee – über Wachmannstraße und H.-H.-Meier-Allee wälzen werde. „Sie werden doch nicht so blöd sein und sich ihren eigenen Stadtteil kaputtmachen“, redete er den Mitgliedern des Beirats ins Gewissen.

Doch einen Anwohnerantrag gegen den Bau der Spange, den bereits 1.600 BürgerInnen unterschrieben haben, lehnte die Beiratsmehrheit von SPD und CDU ebenso ab wie den Antrag der Grünen, die sich mit der Bürgerinitiative solidarisierten. Die Horner Spange werde für den Stadtteil „eine unerträgliche Erhöhung des Kfz-Verkehrs mit sich bringen“, befürchten die Grünen. Vom zu erwartenden Lkw-Verkehr ganz zu schweigen. „Das wäre dann die dritte Rennbahn durch Schwachhausen“, sagte der Grüne Hans-Peter Weigel. Dafür bestehe jedoch keinerlei Bedarf, da das Gewerbegebiet Technologiepark schon heute von allen Seiten gut erreichbar sei – sowohl mit dem Auto als auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln.

Unter dem Hohngelächter der BürgerInnen versuchte Robert Lemmen vom Stadtplanungsamt das behördliche Vorhaben zu verteidigen: Die bisher „recht isolierte Lage von Universität und Technologiepark“ widerspreche dem Ziel, Bremen zu einer vernetzten Stadt mit kurzen Wegen zu machen. Vor konkreten Entscheidungen gelte es zunächst einmal eine Verkehrsprognose für das Jahr 2015 zu erstellen. Mit ersten Ergebnissen sei frühestens im nächsten Frühjahr zu rechnen.

Beiratssprecher Bernd Huse (CDU) warb bei den AnwohnerInnen um Verständnis: Die Horner Spange werde nur gebaut, „wenn wir den Technologiepark tatsächlich vergrößern“. Der Beirat habe sich doch bisher immer einstimmig dafür ausgesprochen, „diesen Schwachhauser Hinterhof vernünftig anzubinden“. Wer ein neues Quartier erschließe, müsse auch neue Straßen bauen, so Huse. Klar sei aber, dass diese „anwohnerverträglich“ und „für den Durchgangsverkehr ungeeignet“ sein müssten. Für „nicht fair“ hält es Huse, künftige Anwohner des neuen Areals immer durch die Schwachhauser Heerstraße oder die Parkallee brettern zu lassen. „In der Parkallee wohnen doch auch Menschen.“ Markus Jox

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen