Amt und Mandat: Spalten statt trennen

Extrawurst für Bundesvorständler Roth und Kuhn macht die Kritiker mobil. Landesvorstände sind gespalten

BERLIN taz ■ Auch mit ihren neuen Plänen zur Lösung der grünen Führungskrise können Claudia Roth und Fritz Kuhn die parteiinternen Kritiker nicht zufrieden stellen. Die beiden amtierenden Parteivorsitzenden wollen sich beim Parteitag Anfang Dezember in Hannover eine Ausnahmegenehmigung holen, um zwei weitere Jahre ihre Parteiämter und ihre Bundestagsmandate gleichzeitig wahrzunehmen. „Das wird so nicht durchkommen“, prophezeite Thomas Bichler, Vorstand des Landesverbandes Sachsen-Anhalt, gestern gegenüber der taz.

Bisher verbietet die Satzung der Grünen die Kombination von Amt und Mandat. Roth und Kuhn waren beim Parteitag in Bremen vor anderthalb Wochen mit dem Versuch gescheitert, die Satzung an diesem Punkt zu ändern. Rund ein Drittel der Delegierten votierten dagegen. Nun schlagen Landesvorstände aus fünf Bundesländern – Bayern, Baden-Württemberg, Berlin, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern – einen Kompromiss vor: Roth und Kuhn sollen mit einer Ausnahmeregelung zwei Jahre ihre Mandate und Ämter behalten dürfen. Außerdem sollen 2003 alle Grünen in einer Urabstimmung entscheiden, ob die Trennung endgültig aufgehoben wird.

Grünen-Chef Bichler aus Sachsen-Anhalt findet vor allem die Ausnahmeregelung „schwierig“. Die Frist, während der Roth und Kuhn weiteramtieren könnten, sei zu lang. Bichler plädiert dafür, eine kürzere Ausnahme bis etwa Mitte 2003 zu beschließen. Wenn das Ergebnis der Urabstimmung bekannt sei, müssten sich die Vorsitzenden auch dementsprechend verhalten. Der Kompromissantrag sieht dagegen vor, dass die beiden Bundesvorständler zwei volle Jahre die Partei leiten können, auch wenn sich die Basis bei der Abstimmung für die Trennung von Amt und Mandat entscheidet.

Am vergangenen Freitag fand eine Telefonkonferenz der Vorstände der sechs östlichen Landesverbände statt. Von neun Vorstandssprechern und -sprecherinnen verhalten sich sieben bisher abwartend. Nur zwei, Regina Michalik aus Berlin und Jürgen Suhr aus Mecklenburg-Vorpommern, unterstützen den Kompromissantrag.

Zu den Kritikerinnen aus dem Osten gehört die Thüringer Landeschefin Astrid Rothe. Ihrer Meinung nach würde die Ausnahmeregelung den Beschluss des Bremer Parteitags „für unwirksam erklären“ und ihn „nicht ernst nehmen“.

Beim Parteitag in Hannover reicht ein Drittel der Delegiertenstimmen, um die Ausnahmeregelung für Roth und Kuhn scheitern zu lassen. Die einfache Mehrheit für die Urabstimmung scheint dagegen nicht das Problem zu sein. HANNES KOCH